MiFiD II aus dem Blickwinkel des Fondsmarktes

Seit Jahren schwebt der Begriff MiFID bereits über unseren Köpfen. In der Tat ist fast ein Jahrzehnt vergangen, seitdem die MiFID I in Luxemburg und in vielen anderen Mitgliedsstaaten umgesetzt worden ist.

Terminologien wie z.B. Anlegerschutz, Kundenqualifizierung, bestmögliche Ausführung oder Beratungsprotokolle sind seither aus der Finanzwelt nicht mehr wegzudenken. Die Finanzkrise hat jedoch gezeigt, dass der durch die MiFID I (1) gesteckte rechtliche Rahmen nicht ausreichend ist, um die Finanzmärkte selbst im Sinne des Anlegerschutzes ausreichend transparent zu gestalten. Auch im Hinblick der immer komplexer werdenden Finanzprodukte sah sich der europäische Gesetzgeber zur Nachbesserung veranlasst, was letztlich im Erlass der MiFID II (2) mündete. Eine fristgerechte Umsetzung des weitreichenden Regelwerks mit verbindlicher Wirkung zum 3. Januar 2017 scheiterte bereits insbesondere an der Ausarbeitung und Festlegung der hierin geforderten technischen Standards. Die MiFID II soll nun zumindest nach dem aktuellen Zeitplan spätestens ab dem 3. Januar 2018 in den Mitgliedsstaaten verbindlich gelten.

„Es ist damit zu rechnen, dass mit der Umsetzung der MiFID II nun auch eine Konsolidierungsphase des Fondmarktes eingeläutet wird, welche geeignet ist, sich negativ auf die wirtschaftlichen Interessen der Anleger auszuwirken.“

Mevlüde-Aysun Tokbag

Obwohl das neue Regelwerk MiFID II, wie schon bereits MiFID I, keine direkte Anwendung auf den Fondsmarkt findet bzw. fand, ist absehbar, dass die Umsetzung der MiFID II in das jeweilige nationale Recht zwar mittelbare aber konkrete Auswirkungen auf den Fondsmarkt haben wird. Mithin stellt MiFID II ein marktübergreifendes Regelwerk dar. Insofern wird ein Teil der Fondsaktivitäten und insbesondere der Vertrieb von Fondsprodukten indirekt vom Anwendungsbereich der MiFID II erfasst.

Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass den Wertpapierfirmen in etwa in Form von unabhängigen Vermögensverwaltern sowie Vermögensberatern auferlegt wird, auch beim Vertrieb von Fondsprodukten dem Kunden gegenüber eine transparente sowie unabhängige Anlageverwaltung und Anlageberatung zu gewährleisten. Darüber hinaus werden diesen Produktvermittlern Überwachungspflichten hinsichtlich der angebotenen Finanzprodukte sowie das Vorhalten einer ausreichenden Produktpalette vorgeschrieben, was weiterhin eine unabhängige und verstärkt risiko-diversifizierte Beratung von Fonds-Endkunden fördern soll.

Aus unserer Sicht stellt des Weiteren vor allem das Verbot der Einbehaltung von finanziellen Vorteilen (meist sog. Retrozessionen) seitens der Wertpapierfirmen bzw. deren zwingende Weitergabe an den Endkunden eine besondere Herausforderung dar, welche MiFID II nun nicht nur an den Finanzmarkt, sondern auch an den Fondsmarkt stellt. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Umsetzung dieses Verbots eine Umwälzung der gesamten bestehenden Gebührenpolitik der verschiedenen Fondsakteure erfordern wird. Aufgrund der bisherigen Einbehaltung (welche zumeist dem Kunden gegenüber offenbart worden ist) gewährter Retrozessionen haben die Vermögensverwalter sowie Vermögensberater den Fonds-Endkunden an eine weitgehend honorarreduzierte Beratung bzw. Verwaltung gewöhnt und die Erbringung der eigenen Dienstleistungen vorrangig über Provisionen finanziert. Dies wird in Zukunft so nicht mehr umsetzbar sein und gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Höhe der Honorare von Vermögensverwaltern sowie Vermögensberatern bereits im Rahmen der früheren Marktpraxis vom Endkunden kritisch beäugt worden ist.

Vor dem oben genannten Hintergrund stellt sich nunmehr die Frage, wie Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und der Vermögensberatung (mit Provisionsverboten etc.) bei gleichzeitiger Erhöhung der Servicequalität (mit höheren Überwachungspflichten, größeren Produktpalette etc.) zukünftig wirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden können. Ist eine solche Gestaltung für alle Akteure überhaupt wirtschaftlich sinnvoll machbar?

Da generell ein Trend zur Kostensensibilität bei den Endkunden zu beobachten ist, befürchten wir, dass sich die Konkurrenzsituation auf dem Finanz- und Fondsmarkt insgesamt weiter zuspitzen wird, was insbesondere kleinere Wertpapierfirmen vor große wirtschaftliche Herausforderungen stellt. Dies wird voraussichtlich zu einer rapiden Abnahme der Anzahl der Finanzakteure, insbesondere der kleineren, unabhängigen Finanzakteure, führen und letztlich eine weiter wachsende Monopolisierung von Finanzdienstleistungen zur Folge haben.

Zum jetzigen Zeitpunkt scheint es noch keine Tendenz zu geben, in welcher Weise der Fondsmarkt auf die Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Finanzmarktes reagieren wird. Dieses ist vordergründig dem Umstand geschuldet, dass einerseits noch nicht sämtliche o.g. Standards bezüglich MiFID II ausgearbeitet worden sind und andererseits der Wortlaut des Umsetzungsgesetzes in Luxemburg wie auch in vielen anderen Mitgliedsstaaten noch nicht abgesehen werden kann.

14. November 2016

(1) Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente („MiFID I“).

(2) Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente wie abgeändert durch Richtlinie (EU) 2016/1034 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juni 2016 sowie Verordnung (EU) Nr 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente wie abgeändert durch Verordnung (EU) 2016/1033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juni 2016 („MiFID II“).

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Autor

Mevlüde-Aysun Tokbag

Mevlüde-Aysun Tokbag ist Partnerin & Rechtsanwältin bei Wildgen S.A. und hat mehr als 10 Jahre Erfahrung im Fonds- sowie Finanzmarktrecht, überwiegend im grenzüberschreitenden Deutsch-Luxemburgischen Rechtsverkehr. Seit 2015 leitet Frau Tokbag auch den kanzleiintern neu gegründeten German Desk und betreut mit ihrem Team, bestehend aus mehreren Rechtsanwälten, vorwiegend deutsche Unternehmen, Versicherungsgesellschaften sowie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute in ihren luxemburgischen Projekten.

Autor

Matthias Schmidt

Matthias Schmidt, ist Senior Associate & Rechtsanwalt bei Wildgen, Partners in Law und dort seit 2011 tätig. Als Mitglied des kanzleiinternen German Desk berät Herr Schmidt insbesondere deutschsprachige Mandanten im Bereich des allgemeinen Gesellschafts- und Handelsrechts sowie des Finanzmarkt- und Kapitalmarktrechts.

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