Wie wird Disruption zur zukunftsfähigen Innovation? (3)

In den ersten beiden Teilen der Beitragsreihe präsentierten wir unterschiedliche Bereiche, die der Disruption ausgesetzt sind und daher einen Wandel erlebten oder derzeit erleben. In der dritten und letzten Ausgabe befassen wir uns mit dem wohl derzeit wichtigsten Trend, der auch am Fondsgeschäft nicht spurlos vorüber geht: der Digitalisierung.

Internet der Dinge (Englisch: Internet of Things IoT)/Industrie 4.0

Anlässlich des diesjährigen Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos war die vierte industrielle Revolution das Hauptthema. Eine Studie des WEF gab einen leichten Vorgeschmack darauf, welche Zerreißproben auf die Gesellschaft zukommen könnten. Durch den Einsatz von Robotern, künstlicher Intelligenz und Maschinen werden laut einer Studie des WEF zufolge netto fünf Millionen Arbeitsplätze überflüssig werden. Insgesamt stehen sieben Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel – jedoch stehen dem zwei Millionen neue Stellen gegenüber. Ein Großteil der Arbeitsplätze wird in der Administration/im Büroalltag betroffen sein, bedeutend weniger in der direkten Produktion. Gesucht werden hingegen Fachkräfte, vor allem in den Bereichen IT, Datenmanagement und Ingenieurswesen. Die vierte industrielle Revolution ist nicht nur auf einzelne Sektoren beschränkt, sondern zieht sich deutlich durch alle Branchen und Sektoren – angefangen von A wie Arztbesuch und Digitalisierung des Gesundheitswesens sowie Automobile, Energie, Finanzen, Lebensmittel, Produktionsprozesse, bis Z wie Zusteller aus der Logistikindustrie.

Als Teil der Lösung, vor allem in Bezug auf die Arbeitsplatzaussichten, sticht ganz klar unser populäres Zukunftsthema Bildung hervor. Für Nelson Mandela war Bildung die effektivste Waffe, um die Welt zu verändern. Einerseits bekämpft Bildung die Jugendarbeitslosigkeit und verbessert damit die Zukunftsperspektiven der Menschen. Andererseits sorgt Bildung für eine erhöhte Aufklärung – wichtig im Bereich der Hygiene und des Gesundheitswesens. Der börsennotierte Universitätsbetreiber Kroton Educacional SA aus Brasilien z. B. hat sich durch einen Zusammenschluss von mehreren Universitäten zum weltgrößten Campus mit etwa 1 Mio. Studenten aufgeschwungen. Neben dem Präsenzstudium erfreuen sich vor allem die Fernstudienangebote großer Beliebtheit. Nachdem sukzessive mehr Klarheit bei den bestehenden Unsicherheiten über die Vergabe von Studentenkrediten herrscht, nahmen wir im Fondsmanagement eine erneute Investition vor. Neben den klassischen Bildungseinrichtungen spiegeln sich Schulbuchverlage wie Penguin (gehört zur Unternehmensgruppe Pearson PLC) sowie Anbieter von Fachverlagen wie Wolters Kluwer in unseren Fonds wieder. Wolters Kluwer hat sich unter anderem spezialisiert auf Informationen für Recht, Finanzen/Steuern, Personalwirtschaft.

Digitalisierung ist nicht zu stoppen: 74,8 Millionen Apple-Smartphones im vierten Quartal

Egal ob Internet der Dinge (IoT) oder Industrie 4.0 – die Digitalisierung wird bei ihrem Einzug in die täglichen Abläufe der Unternehmen und unser Leben weiter voranschreiten. Warum das so ist, lässt sich mit einfachen Zahlen darlegen: Apple hat allein im vierten Quartal des Jahres 2015 74,8 Millionen Smartphones verkauft; dazu gesellen sich 16,1 Millionen iPads und 5,3 Millionen Mac-Computer. Ebenfalls rasant wächst die Anzahl der Nutzer in den diversen sozialen Netzwerken.

Wäre Facebook ein eigenes Land, wäre es das bevölkerungsreichste der Erde

So verbucht Facebook 1,55 Milliarden aktive Nutzer. Wäre Facebook ein eigenes Land, wäre es das bevölkerungsreichste der Erde. Die weitere Kommunikationsplattform Twitter schafft es auf 320 Millionen aktive Nutzer und WhatsApp auf 900 Millionen. WhatsApp weist hierbei die stärksten Wachstumsraten auf.

„Wearables“ sind sehr vernetzt und sehr beliebt – 46% der Weltbevölkerung online

Auch die Gemeinde der Fitnesstracker, Smartwatches und smarten Armbänder erfreut sich großer Beliebtheit. So hat sich die Zahl der sogenannten „Wearables“ in 2015 auf 72,5 Millionen Stück erhöht von im Vorjahr 25,8 Millionen Einheiten. Diese messen nicht nur den Tagesablauf, sondern sind zudem vernetzt. Nach der Anfangseuphorie und starken Kurszuwächsen mussten die etablierten Hersteller wie Fitbit und Garmin deutliche Kurseinbußen verzeichnen. Der Grund ist marktwirtschaftlich ganz einfach: Die hohen Bruttomargen in diesem Segment führten zu hoher Konkurrenz und neuen Marktteilnehmern. Die Smartwatches der großen Smartphone-Hersteller drückten ebenfalls als Konkurrenten aufs Gemüt. Derzeit favorisieren wir Inbody aus Südkorea, das sich neben dem dominierenden Absatzmarkt China im Rahmen der strategischen Ausrichtung nun intensiver dem US-amerikanischen Markt widmet. Ein Blick in die Zahlen verrät, dass der Wachstumstreiber für Inbody neben den diversen Körpermessgeräten vor allem die Fitness Tracker sind.

200 Milliarden Twitter-Kurznachrichten und über 2 Billionen US-Dollar Internetkonsum

Dazu passen noch weitere Entwicklungen: Jede Minute werden Videos mit einem Gesamtvolumen von 100 Stunden auf YouTube hochgeladen sowie täglich 247 Milliarden E-Mails verschickt. Recherchen zufolge sind 46% der Weltbevölkerung online, das entspricht 3 Milliarden Nutzern. Diese verschicken 200 Milliarden Kurznachrichten über das Mitteilungssystem Twitter und erledigen für einen Gegenwert von über 2 Billionen US-Dollar ihren Konsum im Internet. Schnell erkennt man, dass eine immense Infrastruktur für Speichermöglichkeiten, Server und Geschwindigkeiten für die Datenübertragung notwendig ist. Daneben gesellt sich noch der wichtige Aspekt der Sicherheit. Leider ist das weltweite Netz samt seiner Nutzer und Institutionen vermehrt das Ziel von Hackerangriffen geworden. Als Beispiel nennen wir Akamai aus den USA, welches das Internet für die Nutzer nicht nur schneller macht, sondern vor allem auch sicherer. Erfreuten sich die Konsumenten im Jahr 1967 über die Innovation des Farbfernsehers, so wird dieses Informationsmedium nach Analysen von Akamai künftig an Beliebtheit deutlich verlieren zu Lasten der Videos und Filme, die online gesehen werden. Kenner sprechen von „Video over IP“ (ähnlich dem „Voice over IP“ im Telefon-Festnetz). Dies erfordert hohes Daten- und Speichervolumen und setzt natürlich eine angemessene Datenübertragung voraus, um die Filme und Videos in höchster Qualität zu genießen. Hand aufs Herz: Wer möchte wieder zurück und die analoge Bildqualität der klassischen Röhrenfernseher genießen?

Digitalisierung in der Gesundheitsvorsorge und Medizintechnik

Eine zunehmende Digitalisierung stellen wir ebenfalls in unserem wichtigen Bereich der Gesundheit fest. Ehrlich gesagt befinden wir uns noch in den Anfängen, doch auch hier haben die Unternehmen die Zeichen der Zeit erkannt, dies mit Hilfe des technologischen Fortschritts weiter zu beschleunigen. Eine digitale Überwachung mit sofortiger Verbindung zum behandelnden Arzt ist bis dato noch Zukunftsmusik wie die digitale Erfassung von Befunden und automatisierte Weiterleitung, z. B. bei Zahnimplantaten. Straumann als eines unserer investierten Unternehmen hat dieses Thema durchaus auf der Agenda; dies erfordert jedoch Schulungen, Trainings und Investitionen seitens der Kunden, also Zahnärzte und Dentallabore. Weiter voran geschritten ist die Digitalisierung im großen Wachstumstrend der Diabetes – leider, muss man sagen. War dies in den letzten Jahren eher ein Phänomen in den USA, ausgelöst durch einen ungünstigen Mix von Fast-Food-Ernährung, zuckerhaltigen Getränken gepaart mit mangelnder Bewegung, erobert diese Begleiterscheinung Teile von Europa und ist ebenfalls in den aufstrebenden Schwellenländern vertreten. So sind beispielsweise im Iran 5 Millionen Menschen von Diabetes betroffen. Bei einer Population von etwa 75 Mio. Menschen entspricht dies dem gleichen Verhältnis wie in Deutschland. Wurde bislang der Blutzuckerspiegel mit Hilfe einer kurzen Blutabnahme aus dem Finger ermittelt, so kann dieser mit Hilfe eines innovativen Pflasters von Dexcom, aufgetragen seitlich an der Bauchdecke, permanent auf dem Smartphone überwacht werden. Entsprechende Warnsignale erscheinen, falls die Werte sich entsprechend verändern.

Zukunftsthemen auch für ÖKOWORLD-Investments

Alle oben dargestellten Trends und Erscheinungen haben eines gemeinsam: Neben hohem Datenvolumen und -verbrauch geht dies einher mit Energieerzeugung, deren Versorgung und allem voran der Effizienz sowie den Themen Cloud-Computing, Datensicherheit und IT-Infrastruktur. Diese Investitionsthemen eignen sich hervorragend, um mit gutem Gewissen an diesem Trend zu partizipieren.

Résumé mit Vision

Angesichts der vielen tangierten Themen könnte es einem durchaus Angst und Bange werden, insofern man in die Rolle des Kritikers schlüpft. Vieles scheint im Fluss zu sein, gepaart mit viel Unsicherheit. Auch angesichts des drohenden Verlustes von Millionen Arbeitsplätzen durch den anhaltenden Siegeszug der Digitalisierung. Für den kritischen Investor waren die teils hohen Dividendenrenditen der Versorgungs- und Energieunternehmen ein Trostpflaster für die ansonsten mittelmäßige Wertentwicklung der Einzelanlagen.
Positiver stellt sich der Realist dar, für den ein „weiter so“ nicht in Frage kommt. Unternehmer laufen Gefahr, von der Konkurrenz oder neuen Mitbewerbern überholt zu werden, und investieren in Forschung und Entwicklung wie auch in hoch qualifizierte Mitarbeiter, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Auch der Kapitalanleger vermeidet zu einem gewissen Teil risikobehaftete Anlagen aus seinem Portfolio.
Der Visionär ist seiner Zeit voraus und hat diese Entwicklungen, oftmals von den anderen müde belächelt, antizipiert. Als Visionär der ethisch-ökologischen Geldanlage darf sich unser ÖKOVISION nennen, der in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert und mit stetigen Auszeichnungen bei der Performance und auch des Nachhaltigkeitsansatzes erfreut. Ein Gewinn mit Sinn also.

17. Oktober 2016

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Autor

Alexander Funk

Der Bankbetriebswirt und Certified International Investment Analyst (DVFA) verfügt über langjährige Erfahrung im Portfoliomanagement. Seit Anfang 2002 setzte er eigenverantwortlich Anlagestrategien für individuelle Portfolien und Investmentfonds bei der HVB Luxembourg im Private Banking/Asset Management und der DZ Bank International um.
Während seiner Tätigkeit bei der DZ Bank managte Alexander Funk den nachhaltig investierenden ÖKO-Aktienfonds und hat dort auch verbindliche nachhaltige Vermögensverwaltungsrichtlinien erarbeitet und gewinnbringend umgesetzt. Alexander Funk verstärkt ÖKOWORLD seit November 2009. Er ist Mitglied der Geschäftsführung der ÖKOWORLD LUX S.A.

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