Nachgefragt... Umsetzungsstand der AIFMD in Luxemburg

… diesmal: AIFMD – wie hat sich die luxemburgische Fondsindustrie in der Umsetzung der Direktive des Europäischen Parlaments vom 8. Juni 2011 positioniert? Hierzu erhalten wir Einschätzungen von einer führenden Beratungsfirma sowie einem renommierten Rechtsberater der Fondsindustrie.

Im Juli 2013 ist die AIFM-Richtlinie in Luxemburg als nationales Recht in Kraft getreten und ein Jahr später endete die eingeräumte Übergangsfrist. Seit diesem Zeitpunkt müssen die Regelungen aus dem Gesetz zwingend Anwendung finden. Mittlerweile (Stand: Februar 2016) haben sich in Luxemburg 826 „Alternative Investment Fund Manager“ (AIFM) unter der Direktive registrieren lassen. Davon 214 als sogenannte „große“ AIF-Manager mit der Zulassung nach Teil I und 612 sind registriert als „kleine“ AIF-Manager nach Teil II des Gesetzes.

Anders als bei anderen vorangegangenen Gesetzeseinführungen zielt die AIFMD nicht auf die einzelnen Fondsstrukturen ab, sondern in erster Linie auf die Manager von alternativen Investmentfonds, die sogenannten AIFM, und somit indirekt auch auf die angebundenen Dienstleister (Kapitalverwaltungsgesellschaften und Verwahrstellen).

Wir sprechen heute mit Herrn Kai Braun, Partner bei der Beratungsgesellschaft Ernst & Young in Luxemburg und Leiter des Bereichs Alternatives Advisory, sowie mit Herrn Achim Pütz von der Rechtsanwaltskanzlei Dechert LLP in Frankfurt, der außerdem 1. Vorsitzender des Bundesverbands Alternative Investments (BAI) eV. und ein angesehener Experte in Rechtsfragen von und internationalen Mandanten alternativer Investmentfonds ist.

FondsTrends: Die Einführung der AIFMD hat die Finanzbranche durcheinander gewirbelt – in Verbindung mit anderen Gesetzesänderungen sprachen einige sogar von einem „regulatorischen Tsunami“. Haben sich die Wogen 1,5 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes geglättet?

Kai Braun: Ja, absolut. Etablierte Investment Manager haben festgestellt, dass die internen Governance-Modelle in der prä-AIFMD-Ära bereits gut etabliert waren und somit im Vergleich zu einem komplett neuen Set-up nur gewisse Anpassungen vorgenommen werden mussten. Kleinere Manager haben entweder das schützende Dach eines Dritt-AIFM gefunden oder eine eigene Management-Lizenz angefragt. Hierzu waren die Vorschriften der AIFMD zum Aufbau einer eigenne Governance und Substanz absolut hilfreich.

In beiden Fällen haben die letzten 18 Monate dazu beigetragen, dass sich Marktpraktiken etabliert haben und die anfangs noch zahlreichen ungeklärten Fragestellungen größtenteils beantwortet wurden.

Achim Pütz: Für sämtliche Marktteilnehmer im Bereich Alternative Investments stellte die AIFMD sicherlich die größte Umstellung überhaupt dar. Nach meiner Einschätzung haben sich aber die hauptbetroffenen AIFM, wie auch die übrigen Marktteilnehmer, Dienstleister und Berater gut an das neue regulatorische Umfeld gewöhnt. Etwas anderes blieb ihnen nicht übrig, da mit Solvency II und MiFID II weitere Richtlinien erlassen wurden und werden, welche die Branche zumindest mittelbar stark betreffen.

FondsTrends: Welche präferierte Lösung – eine Art Best Practice im Umgang mit der AIFMD – hat sich zwischenzeitlich am Markt etabliert?

Kai Braun: Generell kann man sagen, dass sich Luxemburg ganz klar als Kompetenzzentrum für Risikomanagement positioniert hat. Risikomanagement, als eine der beiden Haupt-Aktivitäten eines AIFM, wird annähernd zu 100% in Luxemburg ausgeführt. Portfoliomanagement hingegen wird teilweise an Spezialisten außerhalb des Großherzogtums delegiert. Die Entscheidung hierüber wird jedoch von Fall zu Fall getroffen und hängt u.a. damit zusammen, ob der Investment Manager, der einen AIF managt oder berät, einer lokalen Aufsicht untersteht oder nicht.

Achim Pütz: Luxemburg hat das bestehende System für Luxemburger Kommanditgesellschaften im Rahmen der Umsetzung der AIFMD verbessert und das Rechtsinstrumentarium von Investmentgesellschaften, die für alternative Anlagen bestimmt sind, um die Luxemburger Spezialkommanditgesellschaft erweitert. Somit bietet Luxemburg eine neue Lösung als Standort im Bereich Private Equity und Venture-Capital-Transaktionen sowie für die Verwalter alternativer Investmentfonds und Promotoren insgesamt.

SCS und SCSp stellen eine Lösung dar, die eine rechtliche Flexibilität, welche mit dem Modell der angelsächsischen „Limited Partnership“ vergleichbar ist, sowie in den meisten Fällen eine vollständige Steuertransparenz bietet. Nach meiner Einschätzung wurden die neuen Gesellschaftsformen vom Markt sehr gut angenommen.

Wir beobachten weiter, dass AIF-Fondsstrukturen außerhalb der Regulierung als Spezialfonds verstärkt nachgefragt werden. So bietet das kommende RAIF-Gesetz interessante Strukturierungsmöglichkeiten für AIFs, die nicht (zusätzlich) als Spezialfonds (SIF) zugelassen sind.

FondsTrends: Warum halten Sie die AIFMD für eine gelungene Maßnahme aus Sicht des luxemburgischen Finanzplatzes?

Kai Braun: Luxemburg war schon immer für seine regulierten Produkte bekannt und hat sehr viel dafür unternommen, ob das nun UCITS sind oder eben SIFs oder SICARs. Die Tatsache, dass nun quasi sämtliche europäische Investmentfonds reguliert sind, hat dazu geführt, dass viele Manager Luxemburg als selbstverständliche Lösung gesehen haben. Die Tatsache, dass viele Investoren bereits die Luxemburger Fondsprodukte kennen und ausgiebig geprüft haben, ist ein weiteres Plus des hiesigen Standorts.

Achim Pütz: Als Managing Partner des Frankfurter Büros von Dechert LLP ist es nicht primär meine Aufgabe, die Entwicklung des Luxemburger Finanzplatzes zu kommentieren. Aus meiner täglichen Beratungspraxis, die in enger Zusammenarbeit mit unserem Luxemburger Office von Dechert erfolgt, wie auch als erster Vorsitzender des Bundesverbands Alternative Investments (BAI) e.V., beobachte ich jedoch eine ungebrochene Attraktivität des Fondsstandortes Luxemburg, die sich durch die 1:1-Umsetzung der AIFMD in Luxemburger Recht eher noch verstärkt hat. Als jemand, der sich seit vielen Jahren in verschiedenen Funktionen für bessere Rahmenbedingungen für die Fondsindustrie in Deutschland stark macht, kann ich diese Entwicklung nur neidlos mit „Gut gemacht!“ kommentieren. Die Gründe liegen meines Erachtens insbesondere darin, dass in Luxemburg eine unvermeidliche Regulierung immer auch als Chance begriffen wird, durch eine schnellere und schlankere Umsetzung weitere Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

FondsTrends: Wie wird sich die Interpretation der AIFMD weiter verändern?

Kai Braun: Die größte Veränderung wird sich aus der sukzessiven Ausweitung der AIFMD auf Nicht-EU-Länder ergeben. Darüber hinaus werden eher technische Themen in AIFMD II aufgegriffen, die bisher entweder noch nicht klar genug formuliert sind, Unterschiede in EU-Ländern mit sich bringen oder aber zu Ineffizienzen innerhalb des Marktes führen. Ich gehe davon aus, dass spätestens 2018 ein erster Draft dieser zweiten Direktive publiziert werden wird.

Achim Pütz: Die AIFMD ist konzeptionell eine Managerregulierung. Dennoch finden sich mit dem EuVECA, dem EuSIF und dem ELTIF bereits drei Typen von AIF, die im Grunde eine Produktregulierung darstellen. Diese AIF-Produktpalette wird ggf. noch erweitert – man denke etwa an die Positionierung von ESMA, im Bereich Kreditfonds eine europaweite Rahmenregulierung zu schaffen und zu evaluieren, durch welche dem AIF die Kreditvergabe und/oder die Darlehensrestrukturierung ermöglicht werden sollen. Luxemburg denkt die Idee der AIFMD konsequent weiter und schafft mit dem RAIF – wie oben bereits erwähnt – einen nicht regulierten Fonds getreu dem Leitgedanken der AIFMD, (nur) Manager zu regulieren.

FondsTrends: Vielen Dank an Sie beide für Ihre Einschätzungen!

Erfahren Sie in unserer nächsten Ausgabe mehr zum Thema „FinTechs – Fluch oder Segen für die Fondsindustrie?“.

 

Kontaktdaten bei weiteren Fragen:

E&Y:
Kai Braun, Partner, Alternatives Advisory Leader,
Kai.Braun@lu.ey.com, Tel. +352 42 124 8800

Dechert LLP,
Achim Pütz, Partner, 1. Vorsitzender des Bundesverbands Alternative Investments (BAI) eV
achim.puetz@dechert.com, Tel. +49 69 77 0619 4212

12. Mai 2016

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Autor

Marco Dietzen

Marco Dietzen verantwortet als Teamleiter Relationship Management die Betreuung der Fondsinitiatoren bei Hauck & Aufhäuser Fund Services S.A. und übernimmt zudem als Key-Account Manager die eigenständige und individuelle Betreuung eines anspruchsvollen Kundenstamms. Zuvor war er Leiter des Teams Kundenbetreuung und Koordination bei der Warburg Invest Luxembourg S.A.. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums der Betriebswirtschaft ist Herr Dietzen über 18 Jahre in der Finanzbranche tätig und verfügt über mehr als 13 Jahre Erfahrung am Finanzplatz Luxemburg.

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