Robo-Advisory – Regulatorik und Ausblick

Die Digitalisierungswelle hat die Finanzbranche weltweit erfasst und eine zunehmende Vielfalt an Finanztechnologie-Unternehmen (FinTechs) hervorgerufen. Das Anwendungsfeld, das bisher den größten Zulauf erhält, ist die automatisierte Anlageberatung (Robo-Advice) in den Bereichen B2B und B2C.

Dank zahlreicher technischer und vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten wählen die Anbieter hierfür oftmals divergierende Konzepte für ihre Plattformen, wodurch sich die am Markt angebotenen Produkte in vielerlei Hinsicht unterscheiden – so auch bei der Frage der Regulierung. Ein Teil der Firmen agiert als Finanzanlagenvermittler gemäß der Gewerbeordnung. Der zunehmende Teil der Anbieter stattet sich jedoch mit einer eigenen oder der Banklizenz eines Kooperationspartners aus und erbringt die aus regulatorischer Sicht erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen der Finanzportfolioverwaltung, Anlageberatung oder Anlage- sowie Abschlussvermittlung. Beide Seiten der Anbieter eint allerdings, dass zumindest eine Partnerbank, die die von den Kunden in Auftrag gegebenen Transaktionen abwickelt und die Wertpapiere für diese verwahrt, benötigt wird. Berührungsängste mit den klassischen Geschäftsfeldern der Banken sind daher nicht zu erwarten.

Anlageberatung online

Die Nutzung eines Robo-Advisors ermöglicht es Kunden, ihre Angaben zu persönlichen Umständen, anlagerelevanten Kenntnissen, Handelserfahrungen und ihrer Risikotragfähigkeit anhand eines webbasierten Katalogs bereitzustellen. Aus den übermittelten Angaben erstellt ein computergestützter Algorithmus anhand eines Scoring-Systems ein „persönliches“ Chancen-Risiko-Profil, das die Grundlage für alle ausgesprochenen Anlageempfehlungen oder -strategien ist und diese mittels standardisierter und überwiegend passiver Finanzprodukte (ETF-Basis) umsetzt. Bei diesem Prozess werden menschliche Eingriffe auf ein Minimum reduziert. Eine versierte Anlageberatung durch einen Berater, der in einem persönlichen Gespräch Risikobereitschaft, Tragfähigkeit von Risiken sowie Anlageziele herausarbeitet und definiert, entfällt. Hierdurch wird eine Reduzierung der Verwaltungskosten und somit auch der Kosten auf Kundenseite erreicht. Eine Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung nach § 31 WpHG ist allerdings auch bei der automatisierten Anlageberatung stets unumgänglich.

Allerdings sind Robo-Advisor in ihrem heutigen Entwicklungsstadium noch nicht fähig, situationsspezifisch auf das Verhalten sowie die Stimmung ihrer Kunden einzugehen und eine maßgeschneiderte Beratung zu liefern. Dadurch wird den Kunden oftmals eine einheitliche Anlagestrategie empfohlen, die im Extremfall zu einer „Herden- bzw. Klumpenbildung“ bei den getätigten Investments führen kann. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diesem Risiko zukünftig durch eine Ausweitung der von den Kunden eingeholten Daten entgegengewirkt werden kann. So besteht u.a. die Möglichkeit, das Internet-Nutzungsverhalten der Kunden zu einer Präzisierung der Anlagewünsche heranzuziehen oder eine Verbindung zu Social-Trading-Plattformen herzustellen. Wie die aktuelle Diskussion über Datennutzung und -schutz zeigt, birgt dies jedoch gleichermaßen Chancen und Risiken.

Keine Beratung ohne Regulatorik

Dieser Digitalisierungswelle ist durch die Bereitstellung von regulatorischen Strukturen Rechnung zu tragen. Einer „regulatory sandbox“ nach britischem Muster, in der die Anbieter ihre Angebote zunächst in einem unregulierten Umfeld testen können, hat die BaFin allerdings bereits Anfang des Jahres eine Absage erteilt.

Es gilt daher, den Schutz der Kunden zu gewährleisten und eine Gleichbehandlung mit den bewährten Geschäftsfeldern sicherzustellen. In Ermangelung von Spezialregelungen ist daher die aktuell vorhandene Regulatorik auf die Lizenzpflicht von Robo-Advice-Dienstleistungen anzuwenden. Hierbei besteht die Herausforderung, die Maßstäbe, die für Unternehmen, die das komplette Finanzdienstleitungsspektrum anbieten, entwickelt wurden, auf FinTechs anzuwenden, die sich im Wege des „cherry picking“ lediglich auf einzelne Dienstleistungsbereiche fokussiert haben.

So ist einem Robo-Advisor eine Anlageberatung ohne vorherige Erlaubnis der Aufsichtsbehörde nach § 32 KWG untersagt. Wird diese jedoch in Kooperation mit einem Finanzdienstleister, der bereits Inhaber einer Lizenz ist, erbracht, ist eine eigene Lizenz nicht notwendig. Auch ist eine eigene Lizenz entbehrlich, wenn dem Kunden lediglich eine ETF-basierende Anlagestrategie vorgeschlagen wird, ohne konkrete Finanzinstrumente nach Art und Zahl zu benennen. Hier ist lediglich eine Erlaubnis nach § 34f GewO erforderlich. Sofern jedoch eine automatisierte Anlageempfehlung ausgesprochen wird, ist ein Beratungsprotokoll zu erstellen und vom „Berater“ zu unterzeichnen. Dies macht es unumgänglich, eine natürliche Person zu ermitteln und zu benennen, der diese Anlageberatung nach außen hin zugerechnet werden kann.

Anlage- oder Abschlussvermittlung

Ebenfalls erlaubnispflichtig sind Dienstleistungen eines Robo-Advice-Anbieters, die eine Anlage- oder Abschlussvermittlung zum Gegenstand haben. Bei erstgenannter vermittelt ein Anbieter Geschäfte über die Veräußerung oder Anschaffung von Finanzinstrumenten und fördert ggfs. zielgerichtet die Abschlussbereitschaft des Anlegers. Maßgebliches Kriterium für diese Dienstleistung ist, dass der Robo-Advice-Anbieter die auf die Anschaffung oder Veräußerung gerichtete Willenserklärung des Anlegers an den Veräußerer bzw. Erwerber der Finanzinstrumente als Bote überbringt.

Alternativ hierzu kann auch eine erlaubnispflichtige Abschlussvermittlung vorliegen. Im Gegensatz zur Anlagevermittlung überbringt der Vermittler hier die Willenserklärung des Kunden nicht als Bote, sondern gibt als Vertreter eine eigene Willenserklärung ab. Die Kundenorder wird also in offener Stellvertretung ausgeführt.

Darüber hinaus gelten für alle vorgenannten Formen des Robo-Advice diejenigen Regelungen und Organisationspflichten, die auch im traditionellen Geschäft Anwendung finden, wie die Verhaltenspflichten des 6. Abschnitts des WpHG. So sind Interessenkonflikte zu vermeiden oder offenzulegen, Kundendaten zu pflegen und Informationen in unmissverständlicher Form zu übermitteln. Risiken in Gestalt von Verlusten durch falsche Ergebnisse des Algorithmus oder eines auf „execution only“ beruhenden Geschäftsmodells sind hingegen nicht zu vermeiden. Auch findet, wie bereits dargelegt, eine Korrektur etwaiger Fehlvorstellungen des Kunden nicht statt.

Fazit

Wie am Beispiel des Robo-Advice zu erkennen ist, sind Aufsichtsbehörden und Anbieter damit beschäftigt, die digitale mit der konventionellen Anlageberatung zu vereinheitlichen. Hierzu ist eine weitere Erforschung von Nutzen und Risiken des Robo-Advice unerlässlich. Dem hat die BaFin bereits vor geraumer Zeit durch einen speziellen Bereich für FinTechs auf Ihrer Website Rechnung getragen. Darüber hinaus sollen durch sog. FinTech-Hubs weitere Erfahrungswerte gesammelt werden. Aufgrund der Vielfalt an Applikationen ist allerdings bereits jetzt zu erkennen, dass die aufsichtsrechtliche Erlaubnispflicht stark vom Einzelfall abhängt. Insbesondere MiFID II wird die Anbieter von Robo-Advisory, gleichgültig ob mit Lizenz nach KWG oder Erlaubnis nach GewO, in diesem Zusammenhang vor eine große Herausforderung stellen.

Für Finanzinstitute besteht durch die zunehmende Digitalisierung die Chance, ihre Angebotspalette durch Kooperationen mit FinTechs abzurunden und neben der qualitativ hochwertigen Beratung auch technik- und internetaffinen Kunden einen zusätzlichen Service zu bieten. Darüber hinaus können FinTechs auch einen Beitrag zu der Bereitstellung von effizienten, digitalen Lösungen zur Umsetzung von regulatorisch vorgeschriebenen Reportings leisten (RegTech). Der Trend zur Digitalisierung von Bankdienstleistungen wird sich also fortsetzen und neue Impulse für die Finanzinstitute bringen.

Spotlight Standort Luxemburg

Als global anerkannter Finanzplatz mit internationaler Reichweite hat sich Luxemburg als eines der führenden Zentren der Welt für digitale Finanzdienstleistungen, sowie als Drehscheibe für Finanztechnologie positioniert. Gleichzeitig ist das Großherzogtum ein günstiges Sprungbrett für Unternehmensgründer. Daher hat sich auch die Zahl der E-Money- und E-Payment-Institute, die von dem Finanzplatz aus operieren, zwischen 2012 und 2015 verdreifacht.

Die enge Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und staatlichen Forschungsinstituten wie dem Interdisciplinary Centre for Security, Reliability and Trust der Universität Luxemburg und dem Luxembourg Institute of Science and Technology begünstigt die Suche nach Lösungen für die dringendsten Marktbedürfnisse. Die in Luxemburg geltende EU-Finanzmarktregulierung sowie die europaweiten Lizenzvorschriften für Finanzdienstleistungen bieten Unternehmen und Anlegern gleichermaßen Sicherheit. Die Finanzaufsicht (CSSF) genießt seit langem den Ruf einer zugänglichen, kompetenten, handlungsschnellen und gegenüber Innovationen aufgeschlossenen Behörde, was auch durch die Einrichtung einer gesonderten Abteilung für Finanztechnologie unterstrichen wird.

Ebenso wie in Deutschland müssen hieraus jedoch noch spezifische Maßnahmen für FinTechs im Allgemeinen und Robo-Advice im Speziellen abgeleitet werden.

25. November 2016

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Autor

Michael Roch

Michael Roch arbeitet als Syndikusrechtsanwalt in der Rechtsabteilung der Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA, Frankfurt/Main. Vor seiner aktuellen Tätigkeit war er für die Santander Bank – Zweigniederlassung der Santander Consumer Bank AG, Frankfurt/Main sowie die Rechtsanwaltskanzlei Haibach-Rechtsanwälte, Frankfurt/Main tätig. Neben seiner Anstellung praktiziert Herr Roch als selbstständiger Rechtsanwalt.

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