Systembasierte Portfoliomanagement- techniken – was müssen OGAW beachten?

Künstliche Intelligenz führt seit einigen Jahren zu neuen Tendenzen im Asset Management. In manchen Kreisen wird gar von einer neuen Ära gesprochen, in deren Zusammenhang für Informatiker, Mathematiker oder Physiker beste Karrierechancen in diesem Segment vorhergesagt werden. Aus dieser Entwicklung ergeben sich für das Asset Management scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten. Doch was steckt dahinter und wie könnte eine Umsetzung in der Praxis aussehen?

Quantitative Handelsansätze im Asset Management

Im Kern setzt man im Asset Management auf die Entwicklung und den Einsatz von mathematischen Modellen, auf deren Basis Handelsentscheidungen in Finanzinstrumenten optimiert oder getroffen werden. Diese Modelle werden zunächst mit großen Datenmengen aus dem Internet gespeist, welche in Abhängigkeit von der jeweiligen Strategie oder bestimmten Kriterien anschließend – oft in Echtzeit – analysiert werden. Aus diesen Ergebnissen der Analyse generieren sie wiederum in Abhängigkeit verschiedenster Parameter positive oder negative Signale in Bezug auf Finanzinstrumente, welche vom Modell erfasst werden. Bevor diese Signale letztlich in Handelsempfehlungen umgesetzt werden, können die Signale daraufhin untersucht werden, wie sie sich in der Vergangenheit ausgewirkt hätten oder haben. Die Ergebnisse dieses letzten Schritts entscheiden nicht nur darüber, ob aus einem Signal eine Handlungsempfehlung wird, sondern sie fließen am Ende wieder in den Algorithmus ein, wodurch das Modell „lernt“ und kontinuierlich angepasst wird. Die automatische Ausführung solcher Handlungsempfehlungen anhand quantitativer Anlagerichtlinien, z. B. eines Fonds, wirkt da schon fast banal. Die sich daraus für das Asset Management ergebenden Möglichkeiten scheinen keine Grenzen zu haben.

Regulatorischer Rahmen systembasierter Portfoliomanagementtechniken

Der Einsatz von systembasierten Portfoliomanagementtechniken in der Verwaltung von OGAW durch Kapitalverwaltungsgesellschaften ist im aktuellen regulatorischen Umfeld zulässig. Die gesetzlichen und verwaltungsseitigen Anforderungen an Organisation und Ausübung der Portfoliomanagementfunktion sind im Vergleich zu anderen Funktionen, z. B. der Depotbankfunktion, eher allgemeiner Natur, denn die konkreten inhaltlichen Anforderungen an das Portfoliomanagement werden in den jeweiligen vertraglichen und gesetzlichen Anlagegrenzen fixiert. Die allgemeinen Anforderungen des Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) an die Organisation des Geschäftsbetriebs, insbesondere

  • interne Kontrollverfahren und ein gegenüber dem Portfoliomanagement adäquates Risikomanagement,
  • die gebotene Sachkenntnis der Mitarbeiter,
  • die Angemessenheit der eingesetzten Verfahren oder
  • die Vermeidung von Interessenkonflikten

sind erfüllbar, wenn die Verwaltungsgesellschaft das Portfoliomanagement sowie das Risikomanagement für einen Fonds mit systembasiertem Ansatz selbst erbringt, ausreichend qualifiziertes Personal beschäftigt und vor allem die zum Einsatz kommenden Modelle hinreichend fachlich plausibilisiert sind. Selbstverständlich muss ein Modell nach den jeweiligen „Regeln der Kunst“ geeignet sein, das Anlageziel eines Fonds umzusetzen. Diese Regeln der Kunst eröffnen einen breiten Ermessensspielraum in der Art und Weise der Umsetzung der Anlageziele – für klassische und systembasierte Portfoliomanagementansätze gleichermaßen.

Herausforderung Auslagerung

Die Auslagerung der Portfolioverwaltung durch die Verwaltungsgesellschaft an ein Auslagerungsunternehmen birgt im Gegensatz dazu allerdings Hürden, wenn das Auslagerungsunternehmen die Portfolioverwaltung nach einem systembasierten Ansatz erbringt. Hier müssen das Auslagerungsunternehmen und die Verwaltungsgesellschaft die genannten allgemeinen Anforderungen an die Portfolioverwaltung gleichermaßen erfüllen. Das Auslagerungsunternehmen muss seinerseits in der Lage sein, die Portfolioverwaltung tatsächlich in aufsichtsrechtlich konformer Weise zu erbringen. Die Verwaltungsgesellschaft hat dagegen die gesetzlichen Anforderungen an die Auslagerung anfänglich und später im Rahmen des permanenten Auslagerungscontrollings zu erfüllen. In welchem Umfang die Verwaltungsgesellschaft parallele eigene Ressourcen und Sachkenntnis vorhalten muss, ist sicher eine Frage des Einzelfalls. In jedem Fall wird man verlangen müssen, dass mindestens eine Plausibilitätsprüfung der beim Auslagerungsunternehmen eingesetzten Systeme und Modelle durch die Verwaltungsgesellschaft gewährleistet sein muss.

Das Ende der Beratungsmandate?

In den sogenannten Beratungsmandaten, mit denen sich Kapitalverwaltungsgesellschaften bei der Portfolioverwaltung der Unterstützung externer Anlageberater bedienen, reicht eine Plausibilitätsprüfung dagegen nicht aus. Zwar unterliegt die personelle und sachliche Ausstattung eines beauftragten Anlageberaters keiner Kontrollpflicht der Kapitalverwaltungsgesellschaft. Allerdings ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft ohnehin verpflichtet, eine eigene qualifizierte Anlageentscheidung zu treffen. Ausweislich der Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kapitalverwaltungsgesellschaften der BaFin genügt es hierzu nicht, die Anlagevorschläge lediglich auf die formale, d. h. quantitative Vereinbarkeit mit den Anlagegrenzen und -richtlinien hin zu überprüfen. Mithin müssen Kapitalverwaltungsgesellschaften auch Anlagevorschläge, welche einem systembasierten Ansatz folgen, vor deren Umsetzung auf deren Belastbarkeit im Sinne des qualitativen Portfoliomanagements hin selbst überprüfen. Ob und in welchem Maße die Verwaltungsgesellschaft hierzu Kenntnisse zu den angewandten Modellen und Strategien des Beraters benötigt, ist sicher eine Frage des Einzelfalls und insbesondere abhängig von der Komplexität des eingesetzten Modells. Ausgehend von der Annahme, dass die systembasierten Portfolioverwaltungsansätze per se ein hohes Verständnis der Beteiligten von den Modellen und Strategien voraussetzen, dürfte es hier im Verhältnis zum klassischen Anlageberater noch schwieriger zu begründen sein, warum Anlageempfehlungen nur am Order-Desk der Verwaltungsgesellschaft und nicht im Fondsmanagement eingehen und umgesetzt werden. Alternativen zur vollständigen Offenlegung des Modells gegenüber der Kapitalverwaltungsgesellschaft dürfte es in diesem Bereich kaum geben. Für die einen mag damit für die hier beschriebenen Fälle das Ende der Beratungsmandate eingeläutet werden, andere werden darin die Chance sehen, ihre Modelle und die erforderliche Maintenance als Dienstleistung entgeltlich an die Verwaltungsgesellschaft zu übertragen.

6. April 2018

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Autor

Dr. Sebastian Taschke

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Taschke ist stellvertretender Leiter der Rechtsabteilung der Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG in Frankfurt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bank-, Kapitalmarkt-, Investment- und Gesellschaftsrecht.

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