Aktienmarkt

„Die Wucht der Digitalisierung verändert unsere Sicht auf das Value Investing“

In Gewinner investieren, so lautet das Motto der 2007 in Aschaffenburg gegründeten GANÉ Aktiengesellschaft. Dabei wird, dem Beispiel Warren Buffetts folgend, auf Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen und hohen Margen gesetzt.

Mit dem 2008 initiierten Mischfonds ACATIS GANÉ Value Event kombinieren die Gründer, Dr. Uwe Rathausky und J. Henrik Muhle, Value Investing mit Event-driven Investing. Die so angepeilte Reduzierung von Fundamental- und Marktrisiken verhilft Anlegern durch stabile Erträge zu langfristigem und transparentem Vermögenszuwachs. Der Fonds besitzt mittlerweile über alle Anteilklassen ein Volumen von 2,7 Milliarden Euro. FondsTrends sprach mit Dr. Rathausky über die Vorzüge von Value und Event, die Liebe zur Nervosität sowie die Zukunft des Value Investing.

FondsTrends: Herr Dr. Rathausky, zunächst herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Goldenen Bullen als Fondsmanager des Jahres 2019. Bitte stellen Sie unseren Lesern doch kurz das Geschäftsmodell der GANÉ Aktiengesellschaft etwas näher vor.

Uwe Rathausky: Danke für die Beglückwünschung. Wir sind eine Aschaffenburger Fondsboutique, die auf qualitativ hochwertiges Value Investing spezialisiert ist und mittlerweile 3 Milliarden Euro verwaltet. Im Grunde haben mein Kollege Muhle und ich unser gemeinsames Hobby, nämlich das Interesse für Unternehmertum und Kapitalallokation, zum Beruf gemacht.

FondsTrends: Ihr vor kurzem ausgezeichneter ACATIS GANÉ Value Event Fonds feierte im Dezember 2018 sein 10-jähriges Bestehen, seit seiner Auflage konnte der Fonds ein Plus von über 150% erzielen. Wo sehen Sie ihren Vorsprung gegenüber anderen Mischfonds-Anbietern, die ebenfalls einen Value Investment-Ansatz verfolgen?

Uwe Rathausky: Zunächst einmal bedeutet Value für uns entsprechend der Philosophie von Warren Buffett, dass wir in hervorragende Geschäftsmodelle mit einem guten Management zu einem attraktiven Preis investieren. Das unterscheidet uns bereits von vielen Value-Investoren, die sich auf eine andere Definition stützen oder stark auf rein quantitative Faktoren konzentrieren. Der Event ist für uns darüber hinaus ein unternehmensspezifischer Katalysator, der die Preis-Wert-Relation eines Investments verändert oder Veränderungen erwarten lässt. Er hilft uns, das Timing beim Investieren zu verbessern. Mit der Kombination aus beidem, Value und Event, können wir so das fundamentale und das volatilitätsbezogene Risiko reduzieren. Das gelingt uns nicht bei jedem Investment, aber die Stärke für das Portfolio liegt im Ergebnis darin, dass wir unsere Drawdowns systematisch eingrenzen und trotzdem eine attraktive Rendite für unsere Investoren erzielen.

Die Jury der Fondsexperten von €uro, €uro am Sonntag, BÖRSE ONLINE und €uro fondsxpress küren Dr. Uwe Rathausky und J. Henrik Muhle mit dem Titel „Fondsmanager des Jahres“ für herausragenden, langfristigen Anlageerfolg.
Bildnachweis: Griesch/Heller/Finanzenverlag

FondsTrends: Kursrelevante Situationen wie Mergers & Acquisitions können bei Anlegern schnell Nervosität hervorrufen. Wie appellieren Sie an die Geduld der Investoren und erörtern, dass diese Situationen zum Vorteil gereichen können?

Uwe Rathausky: Falls Sie auf Merger Arbitrage ansprechen, das betreiben wir nicht. Hier wäre Nervosität durchaus angebracht. Denn wir würden darauf wetten, dass eine Übernahme gelingt. Das klappt auch meistens, bis irgendwann ein Deal platzt und der Verlust so groß ist, dass er die vielen erfolgreichen Übernahmen, bei denen ein paar wenige Prozentpunkte verdient werden konnten, überkompensiert. Für uns sind Events dagegen positive Veränderungen in der Kapital- oder Aktionärsstruktur eines Unternehmens oder wenn ein besonderer operativer Katalysator vorliegt. Wenn also Berkshire Hathaway auf einem unterbewerteten Kursniveau eigene Aktien zurückkauft, AB InBev durch Übernahmen den Biermarkt konsolidiert oder wenn Grenke aufgrund seines hochgradig skalierbaren Geschäftsmodells mit jedem Wachstumsschritt immer erfolgreicher wird, dann sind das Situationen, die uns gefallen und die Nerven der Anleger, meistens jedenfalls, schonen. Für Nervosität gibt’s also keinen Grund. Umgekehrt mögen wir aber Nervosität, Angst und Panik, wenn sie die Börse im Allgemeinen ergreifen. Das beschert uns günstige Einkaufspreise.

FondsTrends: Denkt man beispielsweise an Übernahmerechtsklauseln wie den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag: Inwiefern kann man sagen, dass ihr Ansatz, die Kombination aus Value und Event, durch die deutsche Gesetzgebung bevorzugt wird?

Uwe Rathausky: Kaum. Weder sind wir als international agierender Mischfonds auf den deutschen Markt fokussiert noch spielen Übernahme- und Abfindungsklauseln bei uns im Fonds eine besondere Rolle. Wir waren aber 2017 in Stada investiert und 2018 bauten wir eine Position in Linde auf, um sie im Squeeze-out anzudienen. In diesen eher seltenen Fällen hilft uns das deutsche Recht hinsichtlich Mindestannahmeschwelle oder Nachprüfbarkeit der angemessenen Barabfindung tatsächlich. In anderen Ländern werden die außenstehenden Aktionäre weniger geschützt. Für die liberalen USA mag das nicht verwundern, für das eher sozialistisch geprägte Frankreich dagegen schon.

FondsTrends: Der Abschied Berkshire Hathaways vom Buchwert wird derzeit in der Finanzwelt heiß diskutiert. Wie bewerten Sie die Zukunft des Value Investing vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Herausforderungen wie dem Brexit oder einem beständigen Niedrigzinsumfeld?

Uwe Rathausky: Weder der Brexit noch das Niedrigzinsumfeld verändern das Value Investing. Die expansive Geldpolitik der vergangenen Jahre hat zwar die Krisenresistenz der Wirtschaft unterhöhlt und nicht wettbewerbsfähige Zombiefirmen am Leben gehalten, aber das ändert nicht unsere Herangehensweise ans Investieren. Was unsere Sichtweise verändert, ist die Wucht der Digitalisierung, die ganze Branchen verändert und einst etablierte Firmen verschwinden lässt. Die alten Kochrezepte, man möge als Value Investor in Versorger, Banken, Automobile, Pharma- und Konsumgüterunternehmen mit niedrigen KGVs und hohen Dividendenrenditen investieren, funktionieren schon lange nicht mehr. Viele Unternehmen kämpfen um den Fortbestand ihrer Geschäftsmodelle. Insoweit ist die Behauptung schlichtweg falsch, die letzten Jahre seien keine Value-Jahre gewesen. Doch, das waren sie. Aber nicht für die Deutsche Bank, Metro, VW oder General Electric. Milliardensummen verdienen auf einmal Alphabet, Amazon, Apple, JP Morgan, Microsoft und andere. Und das aus gutem Grund.

FondsTrends: Als Vorstand und Gesellschafter der GANÉ Aktiengesellschaft dürfte Ihre Freizeit recht knapp bemessen sein. Wie finden Sie dennoch Zeit für Familie, Freunde und Hobbies?

Uwe Rathausky: Ach, mit einem guten Zeitmanagement und selektiver Ignoranz gegenüber unwichtigen und nicht dringenden Dingen habe ich das ganz gut im Griff. Es hilft übrigens ungemein, sich ein angenehmes Umfeld zu schaffen und nur noch mit Menschen zu tun zu haben, die einem Spaß machen, beruflich wie privat.

Dr. Uwe Rathausky mit seiner Frau bei der Verleihung der „Goldenen Bullen“ - im Rahmen einer feierlichen Abendveranstaltung vor 500 Gästen in München. Bildnachweis: Griesch/Heller/Finanzenverlag

FondsTrends: Herr Dr. Rathausky, wir danken Ihnen für das interessante Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

11. März 2019

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Autor

Dr. Uwe Rathausky

Dr. Uwe Rathausky (Jahrgang 1976) ist Vorstand und Gesellschafter der 2007 gemeinsam mit J. Henrik Muhle in Aschaffenburg gegründeten GANÉ Aktiengesellschaft. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim arbeitete er zunächst als Analyst für Capital Management Wolpers GmbH und Dr. Jens Erhardt Kapital AG. Im Anschluss war er als Mitarbeiter und Prüfungsleiter bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Stuttgart tätig und erlangte dort besonders im Bereich nationaler wie internationaler Jahresabschluss- und Konzernabschlussprüfungen Expertise. Berufsbegleitend promovierte Dr. Rathausky am Lehrstuhl für Rechnungswesen und Finanzierung der Universität Hohenheim. Im Jahr 2019 wurde Uwe Rathausky gemeinsam mit J. Henrik Muhle vom Finanzen Verlag zu Deutschlands „Fondsmanager des Jahres“ gekürt. Dr. Uwe Rathausky ist verheiratet und Vater zweier Kinder.

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