„Investoren profitieren von einer zusehends attraktiven Assetklasse“

Waldbrände, Überflutungen, Wirbelstürme, Erdbeben oder Vulkanausbrüche: 2018 haben Naturkatastrophen Kosten von etwa 56,9 Milliarden US-Dollar verursacht, wie der Rückversicherer Munich Re berechnet hat. Mit Katastrophenanleihen bzw. CAT Bonds wird das Risiko des finanziellen Schadens auf den Kapitalmarkt übertragen. Bleiben Naturkatastrophen aus oder haben nur marginale Auswirkungen, ergeben sich entsprechend Renditechancen für Investoren. Genau darauf zielt der „Twelve Falcon Insurance Linked Strategy Fonds“. FondsTrends.lu sprach über Hintergründe und Einschätzungen zur Marktentwicklung mit Harald Steinbichler von Falcon Fund Management (Luxembourg), wo er den institutionellen Vertrieb verantwortet.

FondsTrends: Herr Steinbichler, wenngleich sich Katastrophenanleihen bzw. CAT Bonds seit ihrem Start 1994 immer stärkerer Beliebtheit erfreuen, ist das Anlageinstrument vielen Investoren noch unbekannt. Erläutern Sie unseren Leserinnen und Lesern bitte, was es mit dieser Anlageklasse auf sich hat, wie sie funktioniert und wie sich das Chance/Risiko-Verhältnis bemisst.

Harald Steinbichler: Bei CAT Bonds werden versicherungstechnische Risiken mittels einer Anleihe auf den Kapitalmarkt übertragen. Was heißt das genau? Das möchte ich anhand von Unternehmensanleihen erklären. Als ich 1993 beruflich im Asset Management startete, gab es eigentlich kaum Unternehmensanleihen. Damals war es für Unternehmen üblich, einen Kreditrahmen bei ihrer Bank zu vereinbaren, um dadurch den Cash Flow (im Unternehmen) zu steuern. Dies änderte sich in den späten 1990er-Jahren. Banken gingen dazu über, diese Risiken aus ihrer Bilanz mittels Unternehmensanleihen auf den Kapitalmarkt zu transferieren. Ähnliches sieht man auch immer mehr im Versicherungsbereich. Nicht alle Risiken werden in der eigenen Bilanz des Rück- oder Erstversicherers behalten – vor allem Risiken aus Naturkatastrophen werden mittels CAT Bonds auf den Kapitalmarkt transferiert. Tritt während der Laufzeit ein definierter Schaden durch ein Naturereignis gemäß Anleiheprospekt ein, kann der Anleger Teile oder das gesamte Nominale verlieren. Tritt das definierte Ereignis nicht ein, so erhält der Anleger das Nominale samt Zinszahlungen zurück – also sehr ähnlich einer Unternehmensanleihe mit dem Unterschied, dass nicht ein Kreditereignis für den möglichen Verlust ausschlaggebend ist, sondern in der Regel ein Naturereignis.

Emissionsvolumen bei CAT Bonds weltweit von 2000 bis 2018 (in Millionen US-Dollar); Quelle: Statista

FondsTrends: Was ist der Investmentansatz beim „Twelve Falcon Insurance Linked Strategy Fonds“, was zeichnet das Fondsmanagement aus und wie agiert es in der Praxis?

Harald Steinbichler: Der Investmentansatz beginnt bei der Marktbeobachtung und Analyse. Hier sind ein intensiver Kontakt mit der Versicherungsbranche sowie Gespräche mit Brokern und anderen Marktteilnehmern ausschlaggebend. Danach werden die angebotenen CAT Bonds von einem Teammitglied analysiert, das sich auf das Underwriting (also das Zeichnen von Versicherungsrisiken) spezialisiert hat. Nach dieser Analyse kommt der eigentliche Fondsmanager, Florian Steiger, zu seiner Tätigkeit: dem Portfolioaufbau. Wie auch im herkömmlichen Fondsmanagement bei Aktien und Anleihen bilden hier sowohl Portfoliooptimierungen und strategische Allokation als auch Preisanalysen den Grundstein.

Florian Steiger, Fondsmanager des Twelve Falcon Insurance Linked Strategy Fund; Quelle: Twelve Capital

FondsTrends: Im September 2017 gab es einen erheblichen Kurseinbruch beim Fonds, welcher in den folgenden Wochen weitestgehend wieder ausgeglichen wurde. Was war die Ursache? Wurden durch diese Entwicklung ggf. Änderungen am Investmentprozess vorgenommen?

Harald Steinbichler: Wie eingangs beschrieben, sind Naturkatastrophen das Hauptrisiko bei CAT Bonds. Ende August, Anfang September 2017 gab es mit den Hurrikans Harvey, Irma und Maria eine massive Bedrohung in der Region Florida. Das Schadenspotential dieser Hurrikans schien enorm, dementsprechend reagierten die CAT Bond-Kurse. Im Nachhinein, als alle Schäden bei den Versicherungen gemeldet waren, kann man sagen, „mit einem blauen Auge davongekommen“, aber diese Zeitperiode dokumentiert auch sehr gut das Risikopotential dieser Anlageklasse. Änderungen im Investmentprozess ergaben sich keine, mit diesen Situationen kann das Fondsmanagement arbeiten. Nach den Ereignissen kam es jedoch zu hohen Mittelzuflüssen in den Fonds und diese mussten wir einige Zeit lang kontingentieren. Wir konnten alle Zuflüsse verarbeiten, waren jedoch nur knapp davor, die eine oder andere Kauforder ablehnen zu müssen.

CAT Bonds – attraktive Renditen von 7,5% p.a. seit 2002 bei geringer Korrelation zu anderen Finanzmärkten; Quelle: axessum

FondsTrends: Swiss Re-CEO Christian Mumenthaler warnte zum Jahresbeginn CAT Bond-Investoren, sie könnten Enttäuschungen erleben und der Markt erinnere ihn an den US-Hypothekenmarkt vor der Kreditkrise 2008. Sehen Sie dafür ebenfalls Anhaltspunkte oder sind Sie vollkommen anderer Meinung?

Harald Steinbichler: In den 1990er-Jahren waren vor allem die Rückversicherer die Initiatoren für CAT Bonds. Für die Rückversicherungsbranche waren CAT Bonds ein hervorragendes Instrument, um weitere Kapazitäten zu schaffen. Nachdem sich der Markt nun in den letzten Jahren weiterentwickelt und institutionalisiert hat, erkennen die Rückversicherungsgesellschaften, dass sie sich mit CAT Bonds einen Mitbewerber geschaffen haben, der ihnen auch einen signifikanten Teil des Geschäftes wegnimmt. Demzufolge sind die Aussagen dieser Branche zu CAT Bonds heutzutage meist negativ. Natürlich sind aufgrund des tiefen Zinsniveaus auch die Spreads im CAT Bond-Bereich seit 2010 massiv gesunken. Zunächst betrifft dies aber jegliche „High-Yield“-Assetklasse und wer hätte sich noch dazu vor ein paar Jahren ein negatives Zinsszenario im Staatsanleihebereich vorstellen können? Abgesehen davon müssen wir die Kirche auch im Dorf lassen. CAT Bonds haben eine Market Cap von 40 Mrd. USD. Allein die Rettung von Fannie Mae und Freddie Mac nach der Finanzkrise 2008 kostete bereits mehr als das Zehnfache dieser Marktkapitalisierung.

FondsTrends: Blicken wir in die Zukunft: Wo sehen Sie den Markt für Katastrophenanleihen in zehn Jahren? Wird sich die Anlageklasse weiter etablieren und womöglich auch verstärkt von privaten Investoren nachgefragt werden oder bleibt sie doch eher professionellen Investoren vorbehalten?

Harald Steinbichler: Ich gehe von einem weiterhin stark wachsenden Markt aus. CAT Bonds sind auf einen funktionierenden und wachsenden Versicherungsmarkt angewiesen und dieser wiederum auf eine stabile wirtschaftliche Entwicklung. Natürlich gibt es konjunkturelle Schwankungen. Fallen diese aber nicht zu negativ aus, sollte dies dem weiteren Wachstum von CAT Bonds aus Angebotssicht keinen Abbruch tun. Zusätzlich führt das regulatorische Umfeld – Stichwort Solvency – dazu, dass CAT Bonds für die Versicherungsbranche ein attraktives Instrument sind. Aus Nachfragesicht werden CAT Bonds attraktiv bleiben, da sich das Rendite/Risiko-Profil von CAT Bonds unabhängig zu den traditionellen Anlageklassen verhält. Für Investoren ist es nicht leicht, wirklich unkorrelierte Anlageklassen zu finden, und CAT Bonds ist eine davon. Der Markt bleibt professionellen Investoren vorbehalten, jedoch profitieren auch private Investoren, die in Multi-Asset-Fonds investiert sind, zusehends von dieser attraktiven Assetklasse. Viele Vermögensverwalter setzen CAT Bonds in ihren gemischten Mandaten aus Diversifikationsgründen gerne ein.

Jährliches CAT Bond-Volumen von 1997 bis 2019 (in Millionen US-Dollar); Quelle: Artemis.bm

FondsTrends: Zuletzt, wenn Sie erlauben, noch eine persönliche Frage. Ihrem XING-Profil nach gehört zu Ihren Interessen neben Musik, Gold und Bitcoin auch Floorball, das auch als Unihockey bekannt ist. Wie sind Sie zu diesem Hobby gekommen? Lässt Ihnen Ihr Beruf überhaupt noch genügend Zeit, dem nachzugehen – insbesondere auch im Hinblick auf Ihre Familie mit drei Kindern?

Harald Steinbichler: Meine Frau und ich haben das Glück, dass alle unsere drei Kinder von einer Sportart, nämlich Floorball, begeistert sind und mittlerweile auch im Nationalteam bzw. Bundesligateam in Österreich spielen. Unsere Beratungsfirma in Wien ist Hauptsponsor des Vereines FBC-Dragons (www.fbc-dragons.at). In meiner Freizeit bin ich ehrenamtlich als Jugend-Floorballtrainer beim Verein tätig und habe hierfür auch die Trainerausbildung in der Schweiz absolviert. Mit Jugendlichen zu arbeiten ist für mich persönlich ein wertvolles Geschenk, um meine Wertschätzung und Erfahrung an die nächste Generation weiterzugeben. Selber profitiere ich persönlich viel von dieser Tätigkeit. Die Trainerrolle verlangt einem viel ab, man erlebt aber auch viele schöne Momente und Erfolge mit dem Team. Abgesehen davon bin ich dadurch sportlich sehr aktiv und das ist ein guter Ausgleich zum Beruf. Durch den gemeinsamen Sport bin ich auch viel mit unseren Kindern zusammen und Sie können sich sicherlich vorstellen, was das Hauptthema bei uns am sonntäglichen Mittagstisch ist: Floorball 🙂 .

FondsTrends: Herr Steinbichler, wir danken Ihnen für das interessante Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

07. März 2019

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Harald Steinbichler, Falcon Fund Management (Luxembourg) S.A., referiert beim 16. Investment-Kongress von „Investment & more“ in acht Veranstaltungsstädten zum Thema „Alle reden vom Klima, bekommen aber das Wetter – CAT Bonds im aktuellen Marktumfeld“. Erfahren Sie, warum CAT Bonds zunehmend von Investoren als Beimischung für ein Rentenportfolio oder zu einem Absolute Return Portfolio gewählt werden, welche Renditen und Risiken zu erwarten sind und wie CAT Bonds klassifiziert werden. Melden Sie sich hier an.

Autor

Harald Steinbichler

Harald Steinbichler ist geschäftsführender Gesellschafter bei axessum GmbH. Er betreut institutionelle Investoren in Europa für die Produkte Sprott-Falcon Gold Equity Fonds, Solidum-Falcon Insurance Linked Strategy und Solidum-Falcon Insurance Opportunities Fonds.

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