Totgesagte leben länger – die Renaissance alternativer Strategien steht an!

Ob wir sie jetzt Alternative UCITS, Absolute Return-Strategien oder, wenn wir ganz mutig sind, Hedge Funds nennen, ist im Wesentlichen vollkommen unerheblich. Fakt ist: Die letzten Jahre waren für die meisten dieser Strategien, wenn sie nicht entweder ein strukturell signifikant positives Beta zum Aktienmarkt hatten, oder sich in illiquiden, ineffizienten Märkten, wo sie bis zu einem gewissen Grad ja auch hingehören, herumgetrieben haben, wenig erfreulich.

Drei Gründe, warum Alternative Investments nicht funktioniert haben

Vorrangig dürften dafür vor allem drei Gründe ausschlaggebend gewesen sein. Zum einen waren die Märkte durch die von den Zentralbanken im Überfluss zur Verfügung gestellte Liquidität völlig verzerrt. Viele aktive Entscheidungen wurden also von nicht differenzierenden, passiv investierenden Käufern überlagert.

Der zweite Grund, wobei es hier wahrscheinlich eher um die Wahrnehmung als um die tatsächliche Anzahl geht, ist, dass UCITS als das allgemein letztgültige Allheilmittel für nahezu alles angesehen wurde. Ein UCITS-Wrapper war gleichbedeutend mit vollkommener Sicherheit. Natürlich eine durchaus zu hinterfragende These, aber sagen Sie das mal ihrem Risiko-Manager.

Das wiederum hat dazu geführt, dass jedwede Strategie, wenn‘s irgendwie gegangen ist, in einen UCITS-Mantel gepresst wurde. Viele dürften das aber eher als Zwangsjacke empfunden haben. Dazu kamen natürlich noch jede Menge Touristen, weil‘s ja nicht so schwer sein kann, einen Long-Short-Aktienfonds zu managen. Tatsächlich ist es das ohne, dass ich mir physisch Wertpapiere leihen muss und mich um einen vernünftigen Leverage-Geber kümmern muss, operativ ja auch nicht. Allerdings ist zwischen dem Aufsetzen und der gewinnbringenden Umsetzung der Weg doch noch recht weit.

Der Dritte und meines Erachtens nicht minder wichtige Faktor war und ist die fehlende Carry. Gehen wir nämlich davon aus, dass wir insbesondere im UCITS-Framework es eher mit niedrigvolatilen Strategien zu tun haben, ist es für diese natürlich ein grundlegendes Problem, wenn sie nicht nur ihre Fees, sondern auch noch die Kosten des Cashs generieren müssen, anstatt ein paar Prozent „risikolos“ zu verdienen.

Times They Are a-Changin’

So weit, so bekannt. Aber warum soll es jetzt anders werden, die Voraussetzungen haben sich ja eigentlich nicht geändert, oder? Das stimmt natürlich bis zu einem gewissen Grad. Aber eben nicht vollends. Das Carry-Thema in Europa ist zwar nach wie vor dasselbe, aber in den USA hat sich die Zentralbank von der Nullzinspolitik schon vor einiger Zeit verabschiedet. Das wiederum beschert allen USD-Denkern einen positiven Basisertrag von der Anleihenseite und, wenn sie Euro-Assets zurückhedgen, gibt es auch daraus ein nicht unwesentliches Zubrot.

Hat man erst einmal ein paar positive Beiträger zum Ertrag, dann nimmt sich natürlich auch leichter Risiko. Klar können nicht alle Wetten (darf man das jetzt eigentlich schreiben in der Öffentlichkeit?) aufgehen, aber in der Gewissheit, ein paar kleinere Fehler wieder ausbügeln zu können, geht man Positionen mit einem höheren intrinsischen Risiko überzeugter ein. Wenn wir zusätzlich davon ausgehen, dass nicht nur die mit dem ganz unglücklichen Händchen sich aus der Long-Only-Welt hinauswagen, dann sollten wir doch eigentlich davon ausgehen, dass es da und dort ein paar Möglichkeiten zum Geldverdienen geben sollte.

Was noch anders ist, – und ich bin sicher, Sie spüren es auch – irgendwas hat sich getan an den Märkten. Risiken werden wieder wahrgenommen; und nicht nur das, sie fließen auch wieder in die Entscheidungsstruktur mit ein. Offensichtlich haben die Zentralbanken den Nimbus des allzeit und zu allem bereiten, allmächtigen Retters verloren bzw. ist dieser zumindest angekratzt. Man darf gespannt sein, wie Herr Weidmann, wenn er es denn werden sollte – wovon ich jetzt mal ausgehe – zu „Whatever it takes“ zu sagen hat …

Es wird wieder differenziert, Konzentration auf Ideen, denen eine gewisse Überzeugung zugrunde liegt (übrigens auch im Long-Only-Bereich), ist wieder in. Meinung zählt wieder. Das wiederum verstärkt nicht nur die Bewegungen auf Einzeltitel-Ebene, sondern bewegt auch die Instrumente, die üblicherweise von den Makromanagern eingesetzt werden. Last but not least scheinen auch die Quants mit dem derzeitigen Umfeld besser zurecht zu kommen und auch dort werden Erträge erzielt.

Zurück zu 2/20er-Fees?

Wird jetzt wieder alles gut und die Industrie kann endlich wieder 2/20er-Fee-Strukturen für ein bisserl Beta und Carry verlangen? Nun, wahrscheinlich nicht! Zum einen geht´s anscheinend auch billiger – wiewohl ich hier ganz deutlich festhalten möchte, dass, wenn jemand außergewöhnlich gut ist, er oder sie ruhig auch außergewöhnlich verdienen soll – und zum anderen sind eh nur mehr die über, die entweder wirklich convicted sind oder die ihren Job trotz der unübersehbaren Unwägbarkeiten gut gemacht haben.

Ist das jetzt eine Empfehlung? Ja, natürlich! Ein Blick über den Tellerrand hat noch nie geschadet. Der Zyklus ist bereits ungewöhnlich lang, Risiken sind allenthalben festzustellen und es könnte sein, dass nach zehn Jahren der Return-Diversifikation nun auch mal wieder das Risiko dran ist. Und was ist, wenn‘s doch weiterrennt? Na, dann ist‘s auch fein.

11. Juni 2019

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

5 × 1 =

Zusammengefasst
  • Rückkehr Alternativer Strategien als Portfoliobaustein
  • Größeres Opportunity-Set
  • Survival of the fittest
Thema

Alternative Investments - Phoenix aus der Asche

Zentralbanken, UCITS-Touristen und negative Carry sind die Hauptgründe für die schwierigen Zeiten bei Alternative Investments. Durch die Veränderung des Umfelds hat sich das Opportunity-Set wieder vergrößert. Differenzierung ist die Grundlage jeder aktiven Entscheidung. Trotzdem wird es strukturell nicht zurück zu Pre-Crisis-Zeiten gehen. Wer allerdings jetzt noch da ist, versteht wahrscheinlich seinen Job.

Autor

Florian Gröschl

Florian Gröschl ist geschäftsführender Gesellschafter des österreichischen Third-Party Marketers Absolute Return Consulting GmbH und Fondsmanager des Fund of Alt. UCITS mahi546. Bevor er 2011 zu ARC kam, war er bei der damaligen Bawag PSK Invest GmbH und der LGT Bank (Österreich) AG als Portfoliomanager im Bereich Absolute Return und Fixed Income tätig. Er verfügt über einen Abschluss der Wirtschaftsuniversität Wien und ist seit 2005 Certified Portfolio Manager.

Weitere Empfehlungen für Sie:

Jetzt an unserer Umfrage teilnehmen!

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner