Finance und Nachhaltigkeit blicken beide in die Zukunft

Es ist an der Zeit, dass Banken nach vorne schauen und die Zeichen richtig deuten – Sustainable Finance ermöglicht die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

Ist Sustainable Finance nur ein Trend?

Sustainable Finance ist derzeit eines der meistdiskutierten Themen im luxemburgischen Finanzsektor. Das Konzept zielt darauf ab, Antworten auf die Frage zu finden, wie soziale und ökologische Herausforderungen unternehmerisch erfolgreich und gewinnorientiert bewältigt werden können. Ein Teil der Branche hat bereits weitreichende Transformationsprozesse eingeleitet, um neue Chancen zu nutzen. Trotzdem spiegeln die Strategien der meisten Banken diese neuen Chancen noch nicht wider, da die letzten Jahre von der unmittelbaren Umsetzung regulatorischer Anforderungen geprägt waren. Nun ist es an der Zeit, mit Optimismus nach vorne zu schauen. Dabei ist Sustainable Finance eindeutig ein neues Ertragsfeld, das die Entwicklung völlig neuer Geschäftsmodelle ermöglicht.

Eine kurze Übersicht über die aktuellen Entwicklungen:

  • In den letzten zehn Jahren konnte die Triodos Bank, eine der führenden Nachhaltigkeitsbanken der Welt, ihren Gewinn trotz zunehmender Regulierung und eines niedrigen Zinsumfelds vervierfachen;
  • Fünf der sieben größten französischen Banken setzen bereits in ihrer Strategie auf Nachhaltigkeit;
  • In fast allen Ländern neben Luxemburg gewinnen nachhaltige Anlagen deutlich an Marktanteil dazu;
  • Mehr als 260 Nachhaltigkeitsanleihen mit einem Volumen von mehr als 130 Mrd. USD sind bereits an der Luxemburger Börse notiert;
  • Rund 80 grüne Anleihen („Green Bonds“) mit einem Volumen von mehr als 25 Mrd. USD sind an der Londoner Börse notiert;
  • Im Juni 2018 emittierte die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) im Alleingang eine Dreifachanleihe mit einem Volumen von 1,58 Mrd. USD;
  • Die EU-Kommission verfolgt bereits ein ehrgeiziges Programm namens Commission Action Plan on Sustainable Finance, um Sustainable Finance weiter voranzutreiben.

Das Luxemburger Konzept des „Impact Banking“

Um diesem internationalen Trend zu begegnen, haben PwC Luxembourg und die ABBL (Association des Banques et Banquiers, Luxembourg, die Luxemburger Bankenvereinigung) 2018 die Arbeitsgruppe ‚Sustainable Finance‘ gegründet. Diese Arbeitsgruppe repräsentiert mehr als 60% des vom luxemburgischen Bankensektor verwalteten Vermögen. Die Arbeitsgruppe entwickelte das Konzept des „Impact Banking“, das es Banken ermöglicht, die Alleinstellungsmerkmale des Luxemburgischen Finanzsektors (z.B. das weltweit einzigartige Finanzökosystem, die regulatorische Agilität, den Marktzugang, EU-Institute mit Sitz in Luxemburg wie die EIB, ein ausgereiftes Fin-Tech-Umfeld sowie qualifizierte Mitarbeiter) zu nutzen, um:

  • Entwicklungen neuer – nachhaltiger – Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen zügig voranzutreiben;
  • Aktiv die Entwicklung neuer Regulierungen im Bereich Sustainable Finance mitzugestalten;
  • Von der „First Mover“-Umsetzung neuer EU-Vorschriften und -anforderungen zu profitieren;

Ein Hauptziel des Impact-Banking-Ansatzes ist es, die in Luxemburg ansässigen Hauptsitze, Filialen oder Tochtergesellschaften in die Lage zu versetzen, nachhaltige Erträge innerhalb ihrer Unternehmensgruppe zu erzielen. Dadurch dient der Standort Luxembourg als ein Entwicklungs- und Kompetenzzentrum für Sustainable Finance.

Erste Ergebnisse der ABBL-Marktstudie

Im ersten Teil einer empirischen Marktstudie gewannen die ABBL und PwC Luxemburg tiefe Einblicke in die Nachhaltigkeitsstrategien und die zugrunde liegenden Aktivitäten der Finanzinstitute in Luxemburg. Auf diese Weise konnten der Unterstützungs- und Entwicklungsbedarf identifiziert werden, der die relevanten zukünftigen Geschäftsmodelle der Banken vorantreiben wird. Das Management von 72 Banken (was einer Antwortrate von ca. 73% entspricht) beantwortete die sogenannte CEO Pulse Survey.

100% der Befragten betrachten Nachhaltige Finanzwirtschaft als relevanten Trend im Bankensektor. (Quelle: PwC und ABBL)

Erste Analysen der Umfrageergebnisse ergaben, dass bereits 31% der Banken planen, in Zukunft Maßnahmen im Bereich Sustainable Finance zu ergreifen. Diejenigen Banken, die noch keine Maßnahmen ergriffen haben, gaben als einen der Hauptgründe dafür fehlende Expertise und Ressourcen an (dies traf auf 44% der Banken zu). Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass Sustainable Finance mehr und mehr in die Strategie der Banken integriert wird, weg von einer rein opportunistischen Sichtweise und hin zu einem chancenorientierten Ansatz. Die stärksten Treiber sind dabei die Kundennachfrage und die Produktentwicklung. Als Antwort darauf gaben 76% der Banken an, dass sie bereits Responsible Investment Funds in ihrem Produktangebot anbieten. Weiterhin bieten 24% der Banken bereits Green Bonds und Green Loans in ihrem Angebotsportfolio an, während 30% der Banken planen, diese Produkte zukünftig in ihr Angebot aufnehmen zu wollen.

Eine demnächst eintretende EU-Regulation macht es für Banken erforderlich, die aus umwelttechnischen Faktoren resultierenden Risiken in Zukunft in ihre Investitionsentscheidungen mit einzukalkulieren. Drei Viertel aller luxemburgischen Banken sehen diese Regulation dabei weniger als eine Belastung und mehr als eine Chance, sowohl auf lokaler als auch auf Konzernebene.

Neben Rentabilität, Risiko und regulatorischen Anforderungen, die Nachhaltigkeit vorantreiben, sind Markt- und Kundenbedürfnisse sowie technologische Neuerungen weitere Faktoren. So gaben 56% der Banken in der ABBL-Umfrage an, der wichtigste Grund für die Entwicklung von Sustainable Finance-Produkten sei eine gestiegene Kundennachfrage nach entsprechenden Lösungen. Bezüglich technologischer Neuerungen dienen Technologien wie Blockchain und Künstliche Intelligenz dazu, beispielsweise die operativen Kosten von Microfinance-Institutionen signifikant zu senken.

Ein echter Einfluss auf die Umsatzstruktur, die Kostenstruktur sowie das Unternehmensimage ist nichtsdestotrotz nur möglich, wenn die bestehende Unternehmensstrategie in eine nachhaltige Unternehmensstrategie umgewandelt wird, die neue Geschäftsmodelle mit einem angepassten Produktportfolio und operativer Exzellenz ermöglicht. Eine nachhaltige Unternehmensstrategie ist also essenziell, um das volle Potenzial von Sustainable Finance-Produkten auszuschöpfen.

Besonders im Bereich technischer wie organisatorischer Maßnahmen, z.B. durch Bekenntnis zu den UN Principles for Responsible Investment oder die Einführung eines Chief Sustainability Officers, besteht im Bankensektor noch Nachholbedarf. (Quelle: PwC und ABBL)

Wie könnte ein neues Geschäftsmodell aussehen?

Anfang 2018 veröffentlichte Luxemburg einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines rechtlichen Rahmens (Lettre de Gage d’Energies Renouvelables; LdG-RE) für den Renewable Energy Covered Bond, oder RECB. Der Entwurf wurde im letzten Jahr angenommen. Darüber hinaus wurde eine Methodik zur Berechnung des Deckungsstocks entwickelt und Ende 2018 von der Regulierungsbehörde genehmigt. So wurde ein neues Geschäftsmodell geschaffen, dass die Finanzierung Erneuerbarer Energien auf profitable Weise fördert.

Aufbruch aus dem Schatten der Vergangenheit zu neuen Grenzen

In Zeiten eines niedrigen Zinsumfelds und steigender regulatorischer Anforderungen müssen Banken bereit sein, neue Wege zu gehen – die Frage, ob Nachhaltigkeit nur ein Trend ist, stellt sich nicht mehr. Die Hauptaufgabe des Finanzsystems besteht darin, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel für den produktivsten Einsatz zu verwenden. Deshalb wird die Finanzwirtschaft eine Schlüsselrolle bei der Zuweisung von Investitionen für nachhaltige Unternehmen und Projekte spielen und so den Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaft und nachhaltigen Ökonomie beschleunigen. Insbesondere Banken sollten daher die Chance nutzen und Nachhaltigkeit zu einem integralen Bestandteil ihrer Strategie machen. Durch die Nutzung innovativer Geschäftsmodelle können dabei neue und profitable Ertragsfelder erschlossen werden.

09. Juli 2019

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Thema

Sustainable Finance

Was denkt der Finanzplatz Luxemburg über das Thema Sustainable Finance? Erfahren Sie mehr dazu in der aktuellen Marktstudie von PwC Luxembourg und der ABBL.

Autor

Jörg Ackermann

Jörg Ackermann ist seit 2012 Partner bei PwC Luxemburg. Er leitet das Banking Consulting Team von PwC und ist außerdem leitender Koordinator für unser Beratungsgeschäft mit chinesischen und deutschen Kunden in Luxemburg. Darüber hinaus ist er auch als lokaler Relationship Partner für ausgewählte Schlüsselkunden von PwC Luxembourg tätig.
Seit seinem Eintritt bei PwC im Jahr 1997 verfügt er über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Beratungsgeschäft mit großen internationalen Finanzdienstleistungskunden. Zu seinen Fachgebieten gehören Strategiedefinition & Geschäftsmodellierung, Operational Excellence, Fondsadministration, Custody, Post-Merger-Integration sowie Banking Compliance und die Umsetzung neuer regulatorischer Anforderungen für Finanzinstitute. In jüngster Zeit hat Jörg auch einen Schwerpunkt auf Sustainable Finance und Impact Banking gelegt und leitet die Fokusgruppe von PwC für Impact Banking.
Im Laufe seiner Karriere hat Jörg zahlreiche Großbanken aus dem Bankensektor betreut, hauptsächlich große internationale Bankengruppen, die in Luxemburg und darüber hinaus tätig sind. Neben großen Post-Merger-Integrations- und Veränderungsprojekten hat er sich auf die Umsetzung neuer regulatorischer Vorschriften für Finanzdienstleistungskunden und die Anpassung von Betriebs- und Führungsmodellen an neue regulatorische Anforderungen spezialisiert. Darüber hinaus hat er zahlreiche Projekte im Zusammenhang mit der Definition lokaler Strategien für Banken und der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle geleitet.
Jörg ist Mitglied der Banking Core Group von PwC Luxembourg und regelmäßiger Referent bei PwC-Veranstaltungen. Er ist auch an PwC-Publikationen wie „Banking in Luxembourg“ und „Banking Facts and Figures“ beteiligt. Jörg ist Absolvent der Universität Saarbrücken und hält den akademischen Grad "Diplom-Kaufmann".

Autor

Daniel Theobald

Daniel Theobald kann auf mehr als 16 Jahre Erfahrung in unterschiedlichen Positionen innerhalb des Finanzsektors zurückgreifen. Seine ausgeprägte Kreditexpertise sammelte er im Wesentlichen in verschiedenen Rollen innerhalb des Sparkassen- und genossenschaftlichen Bankensektors. Zusätzlich war er für einen US-amerikanischen Finanzinvestor tätig.
In seiner Rolle als Unternehmensberater bei PwC Luxembourg unterstützt er Banken bei der Entwicklung und Realisierung neuer Geschäftsmodelle sowie der Umsetzung regulatorischer Anforderungen. Überdies ist er Ansprechpartner für den Bereich Sustainable Finance und Impact Banking. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe Sustainable Finance der ABBL.
Der ausgebildete Bankkaufmann hält einen Bachelor of Science in Management and Financial Markets und einen Master of Laws in Mergers & Acquisitions der Frankfurt School of Finance and Management. Seine akademische Ausbildung wird durch einen diplomierten Bankbetriebswirt der Frankfurt School of Finance and Management ergänzt. Diese umfasst ebenfalls die fachliche Eignung im Sinnes des §25c Abs. 1 KWG. Desweiteren unterrichtet er an der zuvor genannten Einrichtung das Fach Betriebswirtschaftslehre und begleitet regelmäßig Abschlussarbeiten im akademischen Bereich als Zweitgutachter. Aktuell ist er Doktorand am Lehrstuhl für Familienunternehmen der WHU - Otto Beisheim School of Management.

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