Mischfonds in der Krise – Alternativen zu den „Alleskönnern“

Über viele Jahre hinweg waren Mischfonds die mit Abstand beliebteste Fondsgattung bei unabhängigen Vermögensverwaltern und IFAs (Independent Financial Adviser). Mit Milliardenzuflüssen führten die „Alleskönner“ über Jahre die Topseller-Listen an und machten die Fondsmanager der führenden Fonds zu Stars der Fondsbranche.

Doch seit Frühsommer 2015 machen viele Anleger in diesem Segment plötzlich ganz andere Erfahrungen. Auf Einjahressicht liegen die meisten Mischfonds im Minus und die zwischenzeitlichen Drawdowns waren ungewöhnlich hoch: Einige Flaggschiffe haben sogar in den letzten 12 Monaten höhere Drawdowns produziert als zu Zeiten der Finanzkrise 2008. Und bei der „jüngeren Schwester“ der Mischfonds, den Risk-Parity-Fonds, sieht es zumeist noch schlimmer aus.

Man fragt sich unweigerlich wie so etwas sein kann, angesichts dessen, dass die Kapitalmärkte und die Fondsmanager in 2008 einer Jahrhundertkrise augesetzt waren und verglichen damit in den letzten 12 Monaten eigentlich nichts passiert ist.

Und vor allem stellt sich die Frage: Ist das, was wir derzeit bei den Mischfonds erleben, nur eine Performancedelle, eine Anomalie also, oder haben die „Alleskönner“ vielleicht doch ein strukturelles Problem?

Mischfonds als Erfolgsmodell

Unseres Erachtens sind zwei Effekte die zentrale Ursache für die Erfolge der Mischfonds in den vergangen zehn Jahren gewesen:

Zum einen führten die dauerhaft fallenden Anleihenrenditen zu permanenten Kursgewinnen im Anleihenteil der Mischfonds und damit per se schon mal zu einem steigenden Fondskurs. Da der Anleihenbullenmarkt quer über alle Regionen und Bonitäten stattfand, konnte man als Fondsmanager bei der Anleihenauswahl selbst wenig falsch machen.

Ebenso wichtig war aber ein zweiter Aspekt. Seit 1998 befinden sich die Inflationsraten in den westlichen Staaten strukturell in der Nähe der Deflationsschwelle, was an den Kapitalmärkten regelmäßig zu einer Anomalie führt: In solchen Zeiten performen Anleihen in Phasen fallender Aktienmärkte besonders gut (negative Aktien-Anleihen-Korrelation), ein Effekt, der die Volatilität des Fonds deutlich senkt.

Beide Effekte zusammen führten bei Mischfonds über Jahre zu attraktiven Renditen bei besonders niedrigen Volatilitäten. Der Traum eines jeden Anlegers.

Negativzins verändert die Rahmenbedingungen

Inzwischen ist jedoch ein Punkt erreicht, an dem in den kürzeren Laufzeiten von Staatsanleihen guter Bonität vielfach Negativrenditen vorliegen und selbst Anleihen guter Unternehmen nahezu Nullrenditen abwerfen. Eine Volkswirtschaft, in der immer breitere Teile des Anleihenmarktes immer tiefer in den Negativzinsbereich eindringen, ist jedoch weder stabil noch dauerhaft vorstellbar. Genau das wäre aber nötig, damit das Wunder des Anleihenmarktes und der Mischfonds weitergehen kann.

Hinzu kommt noch, dass auch die Anomalie der negativen Korrelation zwischen Anleihen und Aktien enden bzw. sich gar umkehren wird, sobald die Notenbanken ihr erklärtes Ziel erreicht haben werden und die Inflation zurückkommt.

Wie schmerzhaft allerdings ein Mischfondsinvestment sein kann, wenn Anleihen und Aktien gleichermaßen fallen und der laufende Kupon der Anleihen (also quasi die Höhe des Risikopuffers) nahezu Null ist, konnten Mischfondsinvestoren im Sommer letzten Jahres erleben. Bis heute haben sich die meisten Mischfonds davon noch nicht wieder erholt.

Wir sind daher der Überzeugung, dass Misch- und Risikoparitätsfonds derzeit nicht einfach nur eine Performancedelle erleiden, sondern dass im April letzten Jahres eine Zeitenwende begonnen hat. Anleihen sind zunehmend renditeloses Risiko. Und dem entsprechend sind Mischfonds künftig umso gefährdeter, umso defensiver sie sind, sprich je höher ihr Anleihenanteil ist. In einer Welt, in der eine fünfjährige BASF-Anleihe nur noch 0,2% p.a. abwirft, die BASF-Aktie, die zwei Weltkriege und zwei Währungsreformen überstanden hat, jedoch über eine Dividendenrendite von 4,2% p.a. verfügt, benötigen Anleger ein neues Risikoverständnis.

Mit derart niedrigen Aktienquoten wie in der Vergangenheit wird es künftig keine auskömmliche Rendite mehr geben. Das ist eine Botschaft, die ein deutscher Anleger wahrscheinlich ungern hören mag, allerdings wird die Erhöhung der Aktienquote angesichts der aufgezeigten Fakten unvermeidlich sein. Und je länger man die Augen hiervor verschließt, umso länger wird der (Rendite-) Leidensweg werden.

Im Video-Interview erläutert Fondsmanager Benjamin Bente mit der Börsenampel ein Frühwarn-System für den Aktienmarkt.

Neue Herausforderungen für Fondsmanager

Höhere Aktienquoten, so unvermeidlich sie auch sein mögen, haben jedoch aus Anlegersicht einen entscheidenden Nachteil gegenüber den bisherigen defensiven Fonds: In fallenden Aktienmärkten steigt die Volatilität und der Drawdown seines Portfolios mitunter deutlich an.

Wir sind daher der Überzeugung, dass die zentrale Herausforderung für Fondsmanager künftig sein wird, wie sie trotz höherer Aktienquoten die Portfolio-Drawdowns in fallenden Aktienmärkten abmildern können.

Dies kann vor allem dann gelingen, wenn man als Fondsmanager die Aktienquoten viel aktiver als derzeit in der Fondsindustrie üblich variiert und sie in schwierigen Zeiten auch mal konsequent auf 0% senkt.

Solch mutige Allokationsentscheidungen setzen allerdings ein tiefes Verständnis darüber voraus, in welchen Umfeldern Aktienbärenmärkte überhaupt entstehen. Empirische Untersuchungen zeigen, dass in erster Linie das makroökonomische Umfeld, also die beiden Faktoren Konjunktur und Geldpolitik, darüber entscheiden, ob Aktienmärkte mittelfristige Trends nach oben (Bullenmärkte) oder nach unten (Bärenmärkte) ausbilden. Die systematische Analyse eines breiten Sets von konjunkturellen und geldpolitischen Indikatoren kann dabei wertvolle und frühzeitige Hinweise darüber geben, ob größere Abwärtsbewegungen an den Aktienmärkten drohen oder nicht (siehe Grafik unten).

Fazit: Grundsätzlich höhere Aktienquoten zu fahren als in der Vergangenheit üblich, diese aber zugleich in schwierigen makroökonomischen Umfeldern systematisch und konsequent zu reduzieren, erscheint uns im Niedrigzinsumfeld der sinnvollste Weg zu sein, um die zentralen Anlegerziele einer auskömmlichen Rendite bei gleichzeitiger Kontrolle des Risikos
auch in der Post-Mischfondswelt weiterhin miteinander vereinen zu können.

Aktienquotenvariation anhand der Vates Ampel (breites Set an konjunkturellen und geldpolitischen Indikatoren) Quelle: Vates Invest GmbH

17. Mai 2016

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Autor

Benjamin Bente

Benjamin Bente ist Gründer und Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. Seit über 19 Jahren ist Herr Bente an den internationalen Kapitalmärkten aktiv. Dabei haben die letzten beiden großen Aktienbärenmärkte die Philosophie des Hauses Vates maßgeblich geprägt: Gewinne entstehen langfristig vor allem durch die Vermeidung großer Verlustphasen. Ein tiefes Verständnis über die makroökonomischen Ursachen für die großen Trends an den Aktienmärkten, gepaart mit einem streng regelbasierten Prozess zur Senkung der Aktienquote bzw. zum Aufbau von Aktienshort-Positionen in besonders negativen Marktumfeldern zeichnen den Vates-Ansatz aus.

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