Vom Nice-to-Have zum Must-Have – ESG-Kommunikation im Asset Management

Ob nun als jüngstes Leitmotiv des jährlichen Mahnbriefes von BlackRock-CEO Lawrence Fink oder als dominanter Gegenstand führender Fachkongresse – das Thema Nachhaltigkeit ist innerhalb der letzten Jahre in der Finanzbranche endgültig angekommen und hat sich auch in der Unternehmenskommunikation als Aspekt von interner wie auch externer Bedeutung etabliert. Besonders im Asset Management nehmen die ESG-Elemente (ESG = Environmental, Social, Governance) eine tragende Rolle ein, stellen Vermögensverwalter aber auch vor eine wichtige Frage: Wie können sie Investoren ihr Angebot praxisbezogen und individualisiert schmackhaft machen?

Anspruchsvollere Investoren fordern zunehmend Transparenz

Mit der zunehmenden Präsenz des ESG-Komplexes haben sich auch die Anforderungsprofile von Investoren geändert. Transparenz und Differenzierung sind Grundvoraussetzungen im Nachhaltigkeitsbereich, zudem reichen die Wünsche der Anspruchsgruppen kontinuierlich über die Bereitstellung eines simplen Nachhaltigkeitsberichtes hinaus: Unternehmensrelevante Nachhaltigkeitsziele gilt es mit interpretier- und vergleichbaren Daten zu belegen; strategisch relevante Initiativen müssen glaubwürdig dokumentiert und in die Gesamtstrategie integriert werden. Einer Studie des Wirtschaftsprüfers KPMG zufolge waren Ende 2018 allein in Europa bereits knapp EUR 500 Mrd. Assets under Management (AuM) in über 2.800 nachhaltigen Fonds investiert[1] – Tendenz steigend, denn vor allem die Nachfrage von Investoren steigt unaufhaltsam. Dennoch gilt es auch weitere Qualitätsdimensionen zu beachten, wenn diese Nachfrage für die eigenen Produkte gezielt genutzt werden soll.

Qualitätsdimensionen Nutzerfreundlichkeit, Verständlichkeit und Dialogangebot

In Zeiten, in denen Unternehmenskommunikation zunehmend über multimediale Inhalte funktioniert, hat dies notwendigerweise auch Konsequenzen für die ESG-Kommunikation. Die alleinige Kommunikation mittels eines gesonderten Berichts ist nicht mehr ausreichend, ein Nachhaltigkeitsbericht darf nicht mehr als separates Medium verstanden und wahrgenommen werden. Insbesondere die interaktive Einbettung eines integrierten Berichts, der Geschäfts- und Nachhaltigkeitsdaten verbindet, signalisiert den strategischen Stellenwert der Nachhaltigkeit im Unternehmen. Doch vor der eigentlichen Umsetzung sollte die strategische Komponente zunächst klar definiert sein (s. Infografik).

Infografik: Das Fundament der ESG-Kommunikation

Ein integriertes Kommunikations-Framework bezieht die langfristige Zielsetzung, eine klar definierte Investitionsstrategie und unterschiedliche Stakeholder-Ansprüche gleichermaßen mit ein und untergliedert diese jeweils in einem zweiten Schritt.

Informationen sollten auf der Unternehmenswebsite und über Social Media-Kanäle eingebettet werden, um das große Potenzial der interaktiven Vermittlung von Inhalten voll auszuschöpfen (oft nutzen Asset Manager hierzu LinkedIn und Twitter als Hauptkanäle). Ein Link zu den Social Media-Plattformen, um Inhalte zu teilen und weiter zu verbreiten, ermöglicht zudem die nutzerfreundliche Vermittlung von Nachhaltigkeitszielen. Ein Interview oder eine Videobotschaft des CEO zur Nachhaltigkeitsstrategie kann zusätzlich für eine glaubwürdige Verankerung sorgen.

Zu den Qualitätsdimensionen Nutzerfreundlichkeit und Dialogangebot tragen Feedbackmöglichkeiten bei, beispielsweise in Form von kurzen Umfragen, Kontaktformularen oder Kontaktdaten von Ansprechpersonen. Auch hier bietet sich die Integration sozialer Medien gut an, um die direkte und persönliche Ansprache zu fördern. Die Verständlichkeit von Inhalten kann hier insbesondere durch Video-Elemente und interaktive oder animierte Grafiken gestärkt werden. Wie eine Fidelity-Umfrage jüngst zeigte, gibt es für potenzielle Investoren gerade bei ESG-Investments eine hohe Hemmschwelle. Hier können Anbieter punkten, die durch eine „Verständlichkeitsoffensive“ solchen Hemmnissen aktiv entgegenwirken.

Kohärente Kommunikation als Schlüssel zum Erfolg

Jede Form der Kommunikation bedarf der Glaubwürdigkeit. Insbesondere in Zeiten des sogenannten „Greenwashing“ – also unternehmerischer Bemühungen, durch Marketing und PR ein „grünes“ Image zu erlangen, ohne jedoch entsprechende Maßnahmen in der Wertschöpfungskette zu verankern – ist es daher umso essenzieller, dem Kunden Vertrauen zu verschaffen. Dies vermag speziell die Verifizierung präsentierter Daten durch unabhängige dritte Parteien wie Labels oder Ratings zu leisten. Ausführungen anerkannter Richtlinien (z.B. der United Nations Global Compact oder die UN Principles for Responsible Investment (PRI)), die sich dynamisch in Online-Berichte integrieren lassen, dienen somit der Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsleistungen und stellen ein zusätzliches Bekenntnis zu etablierten ESG-Maßnahmen dar.

Entspricht die Strategie jedoch nicht vollständig den ESG-Kriterien, ist auch die Anpreisung nachhaltiger Fonds unzureichend. Hier sollte auf eine bedachte Kommunikation zurückgegriffen werden, Schritte für eine nachhaltige Strategie gehören ausführlich dokumentiert.

Pioniergeist statt Standard

Damit ist zwar die strategische Komponente berücksichtigt – doch welche Themen interessieren die Stakeholder überhaupt? Welche Kundengruppen sind auf welchen Kanälen wirklich aktiv? Diese grundlegende Frage gilt es im Voraus jeder Kommunikation zu beantworten. Frequenz, Umfang und Multimedialität der Informationen geben hier Aufschluss über den Stellenwert der Nachhaltigkeit seitens der Vermögensverwalter.

Die für jede Stakeholder-Gruppe relevanten Inhalte können vorab durch ein sogenanntes Materiality-Assessment identifiziert werden[2] und ermöglichen so eine zielgenaue Ansprache. Neue Kundengruppen können durch die Inhaltsvermittlung über ein exakt definiertes Targeting in Verbindung mit Social Media-Anzeigen auf LinkedIn oder Twitter erschlossen werden; dabei sollten allerdings im Vorfeld sämtliche Kanäle grundlegend in Betracht gezogen werden, um einer einseitigen und eintönigen Kommunikation vorzubeugen. Ein durchdachtes, innovatives und individualisiertes Kommunikationskonzept, von der strategischen Ebene bis hin zur kreativen Umsetzung, ist unerlässlich, um den Investor vom Wert nachhaltiger Investments zu überzeugen und etwaige Hemmschwellen abzubauen.

Inwiefern spielt bei Ihnen ESG-Kommunikation eine weitreichende Rolle?

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09. März 2020


[1] KPMG Report: European Responsible Investing Fund market 2019 – A focus on „tagged“ sustainable funds, p. 8-9.

[2] Bereits 2018 veröffentlichte der US-amerikanische Rat für Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards, das Sustainability Accounting Standards Board (SASB), den weltweit ersten Satz branchenspezifischer Standards sowie eine Klassifizierung wesentlicher ESG-Kriterien. So sind für Unternehmen bspw. im Lebensmittelhandel Treibhausgasemissionen, Energiemanagement, faire Arbeitspraktiken sowie faires Marketing wesentlich, während bei Internet- und Mediendiensten neben Energiemanagement auch Datensicherheit und Kundenschutz eine essenzielle Rolle spielen. Diese unterschiedlichen Anforderungen gilt es im Vorfeld festzulegen und die Strategie darauf abzustimmen. Quelle: Harvard Business Review, „The Investor Revolution“, May-June 2019 Issue.

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Zusammengefasst
  • Glaubwürdigkeit steht an erster Stelle, um Verdachtsmomente auf Greenwashing frühzeitig zu widerlegen.
  • Steigende Transparenzansprüche von Investoren, sowohl institutionell als auch Retail-seitig, fordern auch eine umfassendere Kommunikation im Bereich Nachhaltigkeit.
  • Ein integriertes und ganzheitliches Kommunikationskonzept, das über einen standardisierten Nachhaltigkeitsbericht hinausgeht, wird unerlässlich.
  • Von der Strategie bis hin zur multilateralen Implementierung sind Authentizität und Kohärenz der Schlüssel, um Investoren zu überzeugen.
Autor

Julie Didier

Julie Didier ist seit Juni 2019 Managing Partner bei Yuzer Group, einer sich auf strategische Kommunikation und digitales Marketing spezialisierende Beratungsagentur. Zuvor hat sie als Head of Marketing & Communication bei der nachhaltigen Finanzassoziation LuxFLAG gearbeitet. Julie besitzt einen Abschluss in Marketing und Kommunikation der Universität St. Gallen und hat eine Weiterbildung in digitaler Marketingstrategie an der Harvard Universität absolviert.

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Julie Didier

Autor

Louis W. Wagner Ley

Louis W. Wagner Ley ist Co-Founder und Managing Partner bei Yuzer Group. Zuvor war er bei Credit Suisse im Asset Management sowie im Mid-Market M&A für EMEA-domizilierte Kunden tätig. Er hält einen Master of Science in Financial Economics der Erasmus University Rotterdam sowie einen Bachelor of Arts in Volkswirtschaft der Universität Zürich.

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