COVID-19 und Luxemburg: Ein kleiner Einblick, Teil 2

Luxemburg befindet sich in der 7. Woche der Ausgangssperre; Schulen, Kindergärten wie auch alle nicht systemrelevanten Geschäfte sind noch immer geschlossen; der Großteil des Finanz- und Fondssektors befindet sich im Home-Office. Aus Sicht eines Laien ist ein Ende dieser Situation, momentan trotz Lockerungen der letzten Woche, nicht in Sicht.

Das in unserem 1. Teil wiedergegebene Zitat „Ein Wink, sich vielleicht auf das Wichtigste zu konzentrieren und den Schwerpunkt des Lebens zurückzufinden …“ gilt natürlich weiter, jedoch bekommt es in der derzeitigen Situation mit dem ungewissen Ende eine andere Bedeutung.

Im Folgenden möchten wir Ihnen einen weiteren Einblick in die rechtlichen Bereiche geben, welche durch das Coronavirus betroffen sind. Diese beschränken sich auch wieder auf einen allgemeinen rechtlichen Überblick, decken keine Sachfragen als solche ab und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

1. Prinzip der Freizügigkeit

Derzeit befinden wir uns in der 7.  Woche – der maximal angeordneten 3 Monate – des seit dem 18. März 2020 gegebenen Ausnahmezustands.

Die konsolidierte Fassung der Großherzoglichen Verordnung vom 18. März 2020 über die Einführung einer Reihe an Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus kann an dieser Stelle eingesehen werden. Mit dem letzten Update vom 17. April 2020 wurden unter anderem folgende Änderungen der Großherzoglichen Verordnung vorgenommen:

  • Unternehmen, welche hauptsächlich Baumaterial, Pflanzen, oder ähnliches verkaufen, dürfen öffnen;
  • die Baustellen in Luxemburg dürfen wieder geöffnet, und die Arbeiten unter Einhaltung gewisser Sicherheitsvorkehrungen aufgenommen werden.

Die Regierung um Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel hat am 15. April 2020 weiterhin verkündet, dass ab dem 20. April 2020

  • überall, wo sich ein Sicherheitsabstand von zwei Metern nicht einhalten lässt, wie zum Beispiel in Lebensmittelmärkten, Apotheken, Banken, Postfilialen und ähnlichem, oder bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, ab 6 Jahren eine Maskenpflicht gilt.

Entgegen den Erwartungen, dass sich die angrenzenden Länder konsolidiert und einheitlich im Kampf gegen das Coronavirus aufstellen, ist Deutschland bei der am 22. März 2020 angeordneten Kontaktsperre geblieben. Beschlüsse zu Lockerungen wurden ebenfalls getroffen; was die Bund-Länder-Einigung vorsieht, können Sie hier nachlesen.

2. Arbeitsrecht

Neben dem am 18. März 2020 neu eingeführten beschleunigten Verfahren für besonders betroffene Unternehmen bezüglich der Anmeldung der Kurzarbeit und dem Urlaub aus familiären Gründen, für u.a. die Betreuung der unter 13-jährigen Kinder, ist nun ferner neu, dass auch von der Einhaltung der bestehenden Regelungen des Arbeitsgesetzbuches bezüglich Fristen, Formen und Ähnlichem während der Zeit der Coronakrise abgesehen wird, so wie z.B. von der 26-Wochen-Regelung für krankheitsbedingte Ausfälle mit entsprechendem fristgerechtem Kündigungsschutz.

Wichtig in diesem Kontext erscheint überdies der Hinweis auf die Einhaltung der Grundsätze der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, „DSGVO“). Insbesondere und sobald eine Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Erhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer erfolgt, ist der Arbeitgeber als Verantwortlicher für die Datenverarbeitung verpflichtet Artikel 6 DSGVO (Rechtmäßigkeit der Verarbeitung) respektive Artikel 9 DSGVO (Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten) einzuhalten. Artikel L.312-1 des Arbeitsgesetzbuches bestimmt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Sicherheit und Gesundheit seiner Angestellten zu schützen, doch darf er nicht die Rolle eines Arztes übernehmen. Dementsprechend sind nach Ansicht der luxemburgischen Datenschutzbehörde, Commission Nationale pour la Protection des Données, CNPD„, nachfolgende Datenverarbeitungen des Arbeitsgebers rechtswidrig:

  • von den Mitarbeitern zu verlangen, täglich Körpertemperaturmessungen vorzunehmen oder vorher festgelegte medizinische Fragebögen auszufüllen; und/oder
  • Besucher oder andere externe Personen eine vorverfasste Erklärung unterschreiben zu lassen, in welcher sie bestätigen, dass sie keine Symptome des Coronavirus aufweisen und/oder sie kürzlich nicht in ein Risikogebiet verreist waren usw.

Die CNPD hält jedoch die folgenden Verarbeitungen für rechtmäßig / angemessen:

  • die Sensibilisierung und Aufforderung der Mitarbeiter, ihrem Arbeitgeber oder den zuständigen Gesundheitsbehörden mitzuteilen, ob eine mögliche Exposition (Aussetzung) mit dem Coronavirus stattgefunden hat; oder
  • Erstellung eines Berichts, unter Angabe der folgenden Daten:
  • Datum und Identität der Person, die verdächtigt wird, dem Coronavirus ausgesetzt worden zu sein; und
  • organisatorische Maßnahmen, die zur Bewältigung des Problems (einer möglichen Ansteckung) ergriffen wurden (Eindämmungsmaßnahmen, Telearbeit, Kontakt mit dem arbeitsmedizinischen Dienst usw.).

Vorgenannten Themen hat sich unsere Praxisgruppe IP/TMT angenommen. Den diesbezüglichen Artikel finden Sie hier.

3. Regulatorische Bereiche

  • CSSF – Das Wesentliche

Am 23. März 2020 veröffentlichte die Commission de Surveillance du Secteur Financie, CSSF“, eine Mitteilung, worin diese beaufsichtigte Unternehmen auffordert, alle aufsichtsrechtlichen Berichterstattungen firstgerecht vorzunehmen. Sollten die beaufsichtigten Unternehmen jedoch aus betrieblichen Gründen Schwierigkeiten bei der Erstellung oder Validierung der Berichterstattungen für die CSSF haben, weil es an Personal mangelt, die Mitarbeiter beispielsweise remotely arbeiten und keinen vollen Zugriff auf alle Systeme haben, müssen die beaufsichtigten Unternehmen die CSSF umgehend über die üblichen Kommunikationskanäle und vor Ablauf der Meldefristen darüber in Kenntnis setzen.

In ihrer Mitteilung vom 25. März 2020 hat die CSSF weiterhin darauf hingewiesen, dass angesichts der Auswirkungen des Coronavirus auf die beaufsichtigten Unternehmen entschieden wurde, dass die Frist für die Einreichung der Analyseberichte (long-term report) ausnahmsweise um bis zu vier Monate verlängert werden kann, unter Ausschluss der Fristen, die die Regierung für die Abhaltung der Jahreshauptversammlungen eingeräumt hat.

Durch Mitteilung vom 27. März 2020 hebt die CSSF weiter hervor, dass angesichts der Auswirkungen auf Emittenten und deren Abschlüsse die CSSF entschieden hat, Aufsichtsmaßnahmen gegen Emittenten in Bezug auf die bevorstehenden Veröffentlichungsfristen für regelmäßige Informationen keine Priorität einzuräumen. Gleichzeitig möchte die CSSF die Bedeutung für den Anlegerschutz und die Marktintegrität hervorheben, um den Markt mit wesentlichen Informationen auf dem neuesten Stand zu halten. Mit ihrem risikobasierten Ansatz zielt die CSSF darauf ab, den Anlegerschutz zu gewährleisten und die Marktintegrität zu wahren, wobei die praktischen Schwierigkeiten der Emittenten und ihrer Prüfer bei der Bereitstellung umfassender und qualitativ hochwertiger Finanzinformationen für Anleger angemessen berücksichtigt werden.

Die CSSF weist dann in einer Kommunikation vom 2. April 2020 auf die Verschiebung der Berichterstattung gemäß Artikel 37 der Geldmarktfondsverordnung hin, womit die Vorlage von Quartalsberichten für das erste und zweite Quartal 2020 auf September 2020 verschoben wird.

Am 9. April 2020 hat die CSSF eine Kommunikation veröffentlicht, in der es um die Umsetzung der Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung (die “Verordnung“) geht. Darin verweist die CSSF auf ihr gleichtägig erschienenes Rundschreiben Nr. 20/739 über die „Richtlinien für die Berichterstattung gemäß Artikel 4 und 12 der Verordnung“.

Am 9. April 2020 hat die CSSF eine Kommunikation bezüglich der „Einführung eines neuen wöchentlichen Fragebogens für Investment Fund Manager – Aktualisierungen zu Finanzdaten und Governance-Regelungen“ herausgegeben. Ziel dieses Fragebogens ist es, der CSSF, angesichts der besonderen Umstände und Risiken sowie der Marktturbulenzen, wöchentliche Aktualisierungen der Finanzdaten (Gesamtnettovermögen, Zeichnungen und Rücknahmen) sowie Aktualisierungen der Governance-Regelungen in Bezug auf die Aktivitäten von in Luxemburg oder in anderen europäischen / außereuropäischen Ländern eingerichteten Verwaltungsgesellschaften zur Verfügung zu stellen, welche mindestens einen OGAW, AIF und / oder einen etwaigen anderen OGA (nicht als AIF qualifiziert) verwalten.

Des Weiteren hat die CSSF am 10. April 2020 das Rundschreiben 20/740 veröffentlicht, das als Anleitung (Orientierungshilfe) an Professionelle, welche der Aufsicht durch die CSSF bezüglich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterstehen, dienen soll und das die Konsequenzen des Coronavirus im Bereich der Finanzkriminalität sowie AML / CFT aufzeigt.

Dann hat die CSSF am 17. April 2020 eine weitere Mitteilung veröffentlicht, in der sie die unter ihrer Aufsicht stehenden Finanzinstitute weiterhin bittet, Home-Office zu betreiben.

Zuletzt informieren wir Sie gerne darüber, dass die CSSF am 20. April 2020 ein aktualisiertes FAQ bezüglich des Coronavirus aktualisiert hat, welches obige Themen beinhaltet und darüber hinaus unter anderem noch folgendes thematisiert:

  • aktive / passive Verstöße im Zusammenhang mit sog. VaR-Limit;
  • dass weniger bedeutende Institute (Less Significant Institutions) ebenso von den Maßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen des Coronavirus der EZB profitieren können;
  • die Flexibilität des IFRS 9;
  • die Position der CSSF in Bezug auf die Vertriebspolitik der Banken und zur Vergütung der Aktionäre;
  • Fristverlängerungen zur Einreichung verschiedener Berichte.

 

  • EU – Das Wesentliche

ESMA

Bereits am 20. März 2020 verlängerte die ESMA die Antwortfrist für etwaige laufende Konsultationen um vier Wochen, wenn der Fristablauf ursprünglich auf den 16. März 2020 oder später datiert war. Das Coronavirus hatte und hat nach wie vor erhebliche Auswirkungen auf sämtliche Marktakteure, sodass bei diesen zwangsläufig eine Priorisierung der Anstrengungen zur Bewältigung der Krise erfolgt. In diesem Lichte dienen die Fristverlängerungen auch dazu sicherzustellen, dass die Qualität der Inhalte zu den Konsultationen erhalten bleibt.

Nach der ESMA-Veröffentlichung vom 27. März 2020 sollten die nationalen Aufsichtsbehörden diejenigen Emittenten, die ihrer Aufsicht unterstehen und die ihrer Pflicht zur Veröffentlichung ihrer Finanzberichte nicht fristgemäß nachkommen, zunächst nicht verfolgen. Allerdings stellt dies keinen Freifahrtschein für die der betreffenden Transparenzrichtlinie unterfallenden Emittenten dar, denn die ESMA stellt ferner klar, dass rechtzeitige und transparente Finanzberichte wesentlich für den Finanzsektor sind (siehe hierzu auch die entsprechende CSSF-Mitteilung). Dementsprechend fordert die ESMA die Emittenten für den Fall einer verspäteten Veröffentlichung dazu auf, die Anleger über das voraussichtliche Veröffentlichungsdatum zu informieren.

Am 31. März 2020 hat die ESMA ferner die nationalen Aufsichtsbehörden direkt dazu aufgerufen, Fristverstöße durch Ausführungsplätze und Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit Best-Execution-Reports unter MiFID II risikobasiert zu beurteilen. Die ESMA rät den Aufsichtsbehörden dazu, die Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, dass

  • Ausführungsplätze, die nicht in der Lage sind, die bis zum 31. März 2020 fälligen RTS-27-Berichte zu veröffentlichen, diese schnellstmöglich nach diesem Datum und spätestens bis zum folgenden Meldetermin (d.h. 30. Juni 2020) und
  • Unternehmen die bis zum 30. April 2020 fälligen RTS-28-Berichte bis spätestens 30. Juni 2020 veröffentlichen können.

Am 9. April 2020 veröffentlichte die ESMA eine mit den nationalen Aufsichtsbehörden koordinierte Stellungnahme, betreffend der Verordnung (EU) 2106/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden. Nach Überzeugung der ESMA sollten die nationalen Aufsichtsbehörden, aufgrund des derzeitigen Coronavirus, nicht vorrangig prüfen, ob Administratoren und Kontributoren von Referenzzinssätzen ihre externen Prüfungen fristgerecht durchführen. Allerdings soll eine Prüfung bis spätestens 30. September 2020 erfolgen.

Ebenfalls am 9. April 2020 hat die ESMA eine Stellungnahme betreffend der Jahres- und Halbjahresabschlüsse von Kapitalverwaltungsgesellschaften veröffentlicht. Nach Ansicht der ESMA sollen die nationalen Aufsichtsbehörden im Rahmen der durch sie ausgeübten Aufsicht, demnach und je nach Art des Berichts, die Frist zur Veröffentlichung um bis zu zwei Monate verlängern können. Die grundsätzlich bestehende Pflicht zur fristgerechten Veröffentlichung besteht jedoch nach wie vor und sollte, wenn möglich, eingehalten werden. Die hiervon betroffenen Vehikel sind (i) Verwaltungsgesellschaften von OGAW, (ii) selbstverwaltete OGAW-Investmentgesellschaften, (iii) zugelassene AIFM, (iv) Nicht-EU-AIFM, die AIF gemäß Artikel 42 der AIFM-Richtlinie (Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds, die delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission und etwaige Umsetzungsgesetze wie in Luxemburg das Gesetz vom 12. Juli 2013 über Verwalter alternativer Investmentfonds, in der jeweils gültigen Fassung) vertreiben sowie EuVECA-Verwalter und EuSEF-Verwalter.

Am 17. April 2020 hat die ESMA neue Q&As zu alternativen Leistungskennzahlen im Zusammenhang mit dem Coronavirus veröffentlicht, in denen sie die Art und Weise der Berücksichtigung der Auswirkungen durch Emittenten darlegt. Der ESMA folgend, sollen Emittenten die gebotene Sorgfalt walten lassen, wenn sie alternative Leistungskennzahlen aufgrund der derzeitigen Situation anpassen, bestehende alternative Leistungskennzahlen um Corona-Aspekte ergänzen oder neue alternative Leistungskennzahlen aufnehmen.

EBA

Mit drei Veröffentlichungen vom 31. März 2020 ruft die EBA die Banken dazu auf, keine Dividendenauszahlungen oder Aktienrückkäufe durchzuführen. Auch die Vergütungspolitik sowie die Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung sind Gegenstand dieser Veröffentlichungen. Die Vergütungspolitik soll an die derzeitige Situation angepasst und keine unangemessenen Boni ausgezahlt werden. Insofern bleibt die EBA bei ihrer Linie, da sie bereits am 12. März 2020 die Banken dazu aufforderte, eine umsichtige (Dividenden-)Ausschüttungspolitik, einschließlich variabler Vergütungen, zu verfolgen und Kapital zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Finanzierung der Wirtschaft einzusetzen. Daher werden die Aufsichtsbehörden aufgefordert, die Bemühungen der Institute durch klare regulatorische Vorgaben, einen entsprechenden Informationsaustausch und die flexible Nutzung ihrer Aufsichtsinstrumente zu unterstützen. (Vorab schon am 27. März 2020 forderte auch die EZB die Banken dazu auf, für die Geschäftsjahre 2019 und 2020, bis mindestens zum 1. Oktober 2020, keine Dividenden auszuschütten und auch keine Aktienrückkäufe zu tätigen).

Am 2. April 2020 veröffentlichte die EBA weiterhin Leitlinien zu allgemeinen Zahlungsmoratorien. Diese Leitlinien zielen unter anderem darauf ab, Klarheit über die Behandlung von legislativen und nicht-legislativen Moratorien zu schaffen, die vor dem 30. Juni 2020 angewandt werden. Die EBA kann diese Frist jedoch zu einem späten Zeitpunkt verlängern, sollte dies als notwendig erachtet werden. Eine Klarstellung in diesem Sinne wurde schon deshalb notwendig, da in den unterschiedlichen Rechtsordnungen unterschiedliche Maßnahmen getroffen wurden (einschließlich der Moratorien) und es einheitlicher Definitionen bedarf.

Das Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) hat ferner am 27. März 2020 beschlossen, die Umsetzung des Basel III-Finalisierungspakets zu verlängern. Die Umsetzung der Basel III-Standards hat mithin erst ein Jahr später, und zwar erst zum 1. Januar 2023 zu erfolgen.

EIOPA

Auch die EIOPA fordert mit Veröffentlichung vom 2. April 2020 Versicherer und Rückversicherer auf, auf Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe zu verzichten.

Mit einer weiteren Veröffentlichung vom 2. April 2020 verlängert die EIOPA unter anderem weitere Fristen. Die Frist der Konsultation zur Überprüfung der technischen Implementierung des Solvency-II-Berichtswesens wurde vom 20. April 2020 bis zum 1. Juni 2020 verlängert. Die Rückmeldungen zur Konsultation zum Reporting und zur Kooperation beim Pan-European Personal Pension Product können nunmehr statt bis zum 20. Mai 2020 bis zum 17. Juni 2020 übermittelt werden. Die Frist zur Einreichung der Markt- und Kreditrisikovergleichsstudie wurde vom 31. Mai 2020 auf den 3. Juli 2020 verlegt und Äußerungen zum IBOR Transition Diskussionspapier können nunmehr bis zum 30. Juni 2020 erfolgen. Die EIOPA bleibt damit auf dem von ihr eingeschlagenen Kurs, nachdem sie bereits am 17. März 2020 mitteilte, dass sie ihre Informationsersuche und die an die Branche gerichteten Konsultationen auf jene wesentlichen Elemente beschränken werde, die für die Bewertung und Überwachung der Auswirkungen der aktuellen Marktlage erforderlich sind.

Am 17. April 2020 erfolgte eine weitere Veröffentlichung der EIOPA. In der Stellungnahme erfolgen Erklärungen zu den Grundsätzen zur Eindämmung der Auswirkungen des Coronavirus auf die betriebliche Altersversorgung. Die EIOPA fordert die nationalen Aufsichtsbehörden dazu auf, den in der Veröffentlichung dargelegten Grundsätzen unter Anwendung eines risikobasierten und verhältnismäßigen Ansatzes, unter anderem zum Schutze der Real- und der Finanzwirtschaft, zu folgen. Demnach sollen die Aufsichtsbehörden sicherstellen, dass die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, die als langfristige Investoren eine stabilisierende Rolle spielen, die Geschäftsfortführung der Kerndienstleistungen priorisieren. Auch werden die Fristen für die Bereitstellung von Informationen über die betriebliche Altersversorgung an die EIOPA betreffend die Informationen über das erste Quartal 2020 um zwei Wochen und betreffend den das Jahresende 2019 betreffenden Jahresabschluss um acht Wochen verlängert.

Exkurs: Bank- / Versicherungsgeheimnis

Schlussendlich ist auch das Konzept des in Luxemburg noch immer vorherrschenden Bank- / Versicherungsgeheimnisses von Interesse: Wie erwähnt, forderte am 22. März 2020 die CSSF die unter ihrer Aufsicht stehenden Unternehmen zur sofortigen Überprüfung ihrer internen Organisation auf und teilte mit, dass Home-Office die geeignetste Art und Weise darstellt. Gleiche Anforderungen dürften auf die Versicherungen übertragen werden können, da die Versicherer als essentiell für die luxemburgische Wirtschaft eingestuft wurden und nur mittels Einsatzes von Home-Office der (Kern-)Betrieb aufrechterhalten und den Weisungen der Regierung gefolgt werden kann. Dass die Infrastrukturanforderungen an regulierte Unternehmen fortan entsprechend flexibler angesehen werden, ist selbstredend. Die zuständige Aufsicht des Versicherungssektors, das Commissariat aux Assurances, „CAA“, hat keine spezifischen Anweisungen erteilt, steht den beaufsichtigten Unternehmen jedoch mit Rat und Tat zur Seite. Eine analoge Anwendung der CSSF-Vorgaben auf den Versicherungssektor macht aber Sinn. Jedoch gilt es zu beachten, dass im Rahmen des Home-Office grundsätzlich die gleichen Maßstäbe bzgl. der IT-Sicherheit und der Verschwiegenheitspflichten anzuwenden sind, wie bei der Arbeit vor Ort und es den Unternehmen obliegt zu bestimmen, was die erforderliche IT-Sicherheit ist. Insofern ist die Arbeit aus dem Home-Office, insbesondere in Zeiten des Coronavirus, mit dem vorherrschenden Bank- / Versicherungsgeheimnis grundsätzlich vereinbar. Sämtliche Mitarbeiter des Versicherungssektors sollten bereits im Rahmen ihrer Arbeitsverträge (Anhänge oder gesonderte Erklärungen) auf ihre Pflichten bzgl. des Datenschutzes und des Bank- / Versicherungsgeheimnisses explizit hingewiesen worden sein und sind für die Einhaltung selbiger auch im Home-Office verantwortlich. Es ist angeraten – sofern noch nicht geschehen – den Mitarbeitern diese Pflichten in Erinnerung zu rufen, wobei auf die zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen von Verstößen hingewiesen werden kann.

4. Handelsrecht

Neben der Großherzoglichen Verordnung vom 20. März 2020 über die Einführung von Maßnahmen betreffend die Abhaltung von Sitzungen in Gesellschaften und anderen juristischen Personen (Recht der Gesellschaften, ungeachtet ihrer Satzungsbestimmungen, Haupt- bzw. Gesellschafterversammlungen ohne physische Zusammenkunft abhalten zu können) und der Mitteilung des Luxembourg Business Register vom 18. März 2020 (Verlängerung der Frist zur Hinterlegung der Jahresabschlüsse für das Geschäftsjahr um vier Monate), gibt es im handelsrechtlichen Bereich momentan keine weiteren direkten getroffenen Maßnahmen.

Erwähnenswert ist jedoch:

  • dass fortan eine Hypothekenvereinbarung einer Immobilie in gewissen Fällen auch in Form einer privatschriftlichen Urkunde vorgenommen werden kann, entsprechend der Großherzoglichen Verordnung vom 3. April 2020;
  • dass die vorliegende Pandemie gegebenenfalls als „höhere Gewalt“ angesehen werden kann und bereits abgeschlossene Verträge mit derartigen Klauseln in der jetzigen Situation entsprechend bewertet werden müssen – in Verbindung mit dem von der Regierung ausgerufenen Ausnahmezustand kann dies eventuell der Fall sein und etwaige Vertragsrechte zumindest in dieser Zeit suspendiert werden; eine Würdigung dieser Frage widmen sich unter anderem dieser Artikel und ein weiterer im Detail;
  • die elektronische Signatur gemäß dem Code Civil und dem Gesetz vom 14. August 2000 über E-Commerce in diesen Zeiten Bedeutung erlangt und man sich über die unterschiedliche Wirksamkeit der verschiedenen Formen der elektronischen Signatur (SES – AES – QES) je nach Dokument und Bedeutung der zugrundeliegenden Transaktion bewusst sein sollte.

5. Steuerrecht im deutschen Umfeld: Die Suspendierung der 19-Tage-Regelung

Nach der derzeit geltenden Gesetzeslage ist es deutschen Berufspendlern gestattet, 19 Tage im Jahr im Home-Office zu arbeiten, ohne dass sich hierdurch etwas an ihrer luxemburgischen Steuerpflicht ändert. Auf Grund der Coronakrise haben viele der Pendler mittlerweile diese 19 Tage überschritten, sodass eine zusätzliche Versteuerung in Deutschland drohte. Luxemburg hat sich nach bereits erfolgten Einigungen mit Frankreich und Belgien nun auch am 3. April 2020 mit Deutschland verständigt, sodass – rückwirkend vom 11. März 2020 an – die im Home-Office geleistete Arbeit der deutschen Pendler während der gesamten Coronakrise unberücksichtigt bleibt. Auch das deutsche Zugeständnis ist mithin letztendlich erreicht worden, was anfangs einige bezweifelten – mithin ein Sieg für (uns) deutsche Pendler in Zeiten der Coronakrise – und was vielleicht auch ein Lichtblick für die Zukunft ist.

6. Geistiges Eigentum

Auch die Ämter für geistiges Eigentum haben Maßnahmen im Zuge der Coronakrise ergriffen und entsprechend ihre Aktivitäten angepasst. Um weiterhin operativ tätig sein zu können, agieren die Mitarbeiter aus dem Home-Office, ihre Büro-Räumlichkeiten sind für den Publikumsverkehr geschlossen und, abhängig von der Behörde, einige Fristen der Situation entsprechend angepasst.

Benelux Office for Intellectual Property (BOIP”)

Mit Mitteilung vom 20. März 2020 hat das BOIP die nachfolgenden Bestimmungen erlassen:

  • Verlängerung aller laufenden Fristen sine die

Das BOIP zieht keine Anträge oder Verfahren, einschließlich Widersprüche, zurück, auch wenn sie nicht rechtzeitig eingereicht oder eingegangen sind. Sine die bedeutet, dass vorerst kein offizielles Datum für das Ende der Fristenverlängerung festgelegt wurde. Das BOIP wird das als „BAU-Datum“ bezeichnete Datum festlegen, „sobald es Unternehmern und Fachleuten für geistiges Eigentum aus den Benelux-Ländern wieder in angemessener Weise möglich sein wird, ihrer Arbeit geregelt nachzugehen„.

  • Zusätzliche Fristen für spezifische Verfahren

Für Anträge und Verfahren, deren Fristen (i) zwischen dem 16. März 2020 und dem „BAU-Datum“ abgelaufen sind oder (ii) in weniger als einem Monat ab dem „BAU-Datum“ ablaufen würden, wurde die Frist um einen Monat ab dem „BAU-Datum“ verlängert.

European Union Intellectual Property Office (EUIPO”)

Mit Beschluss vom 16. März 2020 sowie einer nachträglichen technischen Notiz vom 19. März 2020 hat das EUIPO unter anderem die Bestimmung erlassen, dass alle bevorstehenden Fristen auf den 1. Mai (tatsächlich 4. Mai 2020, da der 1. Mai 2020 ein europäischer Feiertag ist) verschoben werden. Diese Verlängerung gilt für alle Fristen, die zwischen dem 9. März 2020 und einschließlich dem 30. April 2020 ablaufen. Da die Fristen automatisch verlängert werden, besteht kein Handlungsbedarf. Es ist jedoch zu beachten, dass die Verschiebung der Fristen für jedes laufende EUIPO-Verfahren automatisch beantragt wird, nicht aber für andere Behörden, und diese sich ausschließlich auf Marken- und Geschmacksmusterangelegenheiten bezieht.

Unsere IP/TMT-Praxisgruppe hat sich mit diesen Themen detailliert in ihrem Artikel „Geistiges Eigentum und COVID-19: Maßnahmen der Ämter für geistiges Eigentum“ befasst.

Weiterhin stehen Ihnen auch unser Toolkit sowie unsere E-Mail-Helpline zur Verfügung.

 

28. April 2020

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Autor

Mevlüde-Aysun Tokbag

Mevlüde-Aysun Tokbag ist Partnerin & Rechtsanwältin bei Wildgen S.A. und hat mehr als 10 Jahre Erfahrung im Fonds- sowie Finanzmarktrecht, überwiegend im grenzüberschreitenden Deutsch-Luxemburgischen Rechtsverkehr. Seit 2015 leitet Frau Tokbag auch den kanzleiintern neu gegründeten German Desk und betreut mit ihrem Team, bestehend aus mehreren Rechtsanwälten, vorwiegend deutsche Unternehmen, Versicherungsgesellschaften sowie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute in ihren luxemburgischen Projekten.

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