Entwurf BaFin-Schreiben: Erwerbbarkeit von Immobilien-Gesellschaften für Immobilien-Sondervermögen

Am 16. Oktober 2017 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter dem Geschäftszeichen WA 42-QB 4100-2016/0005 den Entwurf eines Schreibens hinsichtlich der Erwerbbarkeit von Immobilien-Gesellschaften, die zugleich AIF sind, mit der Bitte um Stellungnahme an die einschlägigen Verbände versandt. Kann sich ein AIF als Immobilien-Gesellschaft qualifizieren? Dr. Philipp Wösthoff und Robert Guzialowski betrachten das BaFin-Schreiben für Sie genauer:

Die Fallgestaltung, dass ein Immobilien-Sondervermögen oder Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen Anteile an einer Immobilien-Gesellschaft erwerben will, die sich zugleich als AIF qualifiziert, kommt in der Praxis vermehrt zum Vorschein. Es ist zu begrüßen, dass die BaFin im Wege einer „Konsultation light“ zu der Thematik der Erwerbbarkeit Stellung nimmt und die Möglichkeit der Stellungnahme eröffnet. Dabei stellte sich der deutsche Rechtsanwender die Frage, ob ein Immobilien-Sondervermögen oder Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen Immobilien-Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB erwerben kann, obgleich die deutsche Jurisdiktion im Vergleich zum luxemburgischen AIFMD-Umsetzungsgesetz keine strengeren Vorgaben enthält. In Luxemburg werden bereits die in Deutschland problematisierten Strukturen angewandt, ohne diese vor dem Hintergrund der „Machbarkeit“ grundsätzlich zu bezweifeln.

Die BaFin hält die Qualifikation eines AIF als Immobilien-Gesellschaft für möglich

Zunächst ist es erfreulich, dass die BaFin im vorgenannten Entwurf die Qualifikation eines AIF als Immobilien-Gesellschaft für durchführbar hält. Insoweit stützt sie sich richtigerweise auf die im Gesetz nach § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB verankerte Definition, wonach Immobilien-Gesellschaften solche Gesellschaften sind, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien sowie die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlichen Gegenstände erwerben dürfen. Die BaFin folgt augenscheinlich dem Umkehrschluss, dass ein negativer Ausschlusstatbestand hinsichtlich der Qualifizierung der Immobilien-Gesellschaft als AIF nicht der Definition zu entnehmen ist. Den (einigen) Marktteilnehmern, die eine entsprechende Qualifizierung ohne rechtliche Begründung abgelehnt haben, kann zunächst auf Anhieb der Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB entgegengehalten werden.

Kriterien der BaFin zur Eignung eines AIF als Immobilien-Gesellschaft

Im Rahmen des Entwurfs stellt die BaFin gleichwohl einige Kriterien auf, die es zu erfüllen gilt, so dass eine Gesellschaft sich neben einem AIF auch als Immobilien-Gesellschaft qualifizieren kann. Einige der aufgestellten Kriterien überraschen nicht, da es sich schlichtweg um die Anwendung des Gesetzes handelt. Ein Kriterium jedoch Bedarf einer näheren Auseinandersetzung:

  1. Als erstes (nachvollziehbares) Kriterium postuliert die BaFin, dass „der AIF […] als Immobilien-Gesellschaft eine mit den Vorgaben des KAGB vereinbare Gesellschaftsform aufweisen“ muss. Daraus folgt selbstredend, dass sich ein Sondervermögen nicht als Immobilien-Gesellschaft qualifizieren kann, da es bereits an der geforderten Gesellschaftsform fehlt.
  2. Nach dem zweiten Kriterium muss es sich bei der Beteiligung der Kapitalverwaltungsgesellschaft („KVG“) an der Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Sondervermögens um eine mitgliedschaftliche Beteiligung handeln, durch die Vermögens- und Verwaltungsrechte vermittelt werden.
  3. Ferner greift das dritte Kriterium gemäß § 234 S. 1 Nr. 4 KAGB, wonach die KVG bei der Immobilien-Gesellschaft – soweit sie keine bloße Minderheitsbeteiligung nach § 234 Abs. 2 KAGB erwirbt – die Stimmen- und Kapitalmehrheit haben muss, die für eine Änderung der Satzung erforderlich ist.

Es verwundert nicht, dass die übrigen Erwerbbarkeitsvoraussetzungen des KAGB erfüllt sein müssen und die Beteiligung auch mit den übrigen einschlägigen Vorschriften im „Investmentbereich“ im Einklang stehen müssen.

Die von der BaFin aufgestellten Kriterien sind weitestgehend nachvollziehbar. Einzig das unter Punkt 3 genannte Erfordernis der Stimm- und Kapitalmehrheit („Leitungsmacht“) gilt es, näher zu beleuchten, da dies in der Praxis aufgrund der diesbezüglich weiteren Ausführungen der BaFin zu Diskussionen führen wird.

Die Voraussetzung der Stimmen- und Kapitalmehrheit bei Mehrheitsbeteiligungen stützt die BaFin zunächst auf die Gesetzesbegründung, wonach sich die KVG handelnd für das Sondervermögen bei der Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft im Interesse der Anleger einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Gesellschaft sichern muss, damit die KVG jederzeit ihren Pflichten (u. a. Erwerb/Veräußerung von Immobilien oder Anteilen der Gesellschaft, Fremdfinanzierung, Kapitalerhöhung und Liquidierung der Gesellschaft) aus dem KAGB nachkommen kann. Es ist zu erwarten, dass dieser Aspekt von Teilen der Literatur als zu weit gehend angesehen wird, da über die Anwendung der Stimmen- und Kapitalmehrheit nach § 234 S. 1 Nr. 4 KAGB bezüglich Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen keine Einigkeit am Markt besteht. So existieren bereits Auffassungen, dass marktübliche Minderheitenrechte wie z. B. Vetorechte für bestimmte Rechtsgeschäfte, unter Umständen mit einem tauglichen Konfliktmechanismus gekoppelt, der Qualifikation als Immobilien-Gesellschaft nicht entgegenstehen dürfen. Eine weitere Sichtweise unterscheidet gar nicht mehr zwischen Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen, da es dafür keinen nachvollziehbaren Grund – weder aus dem Gesetz noch aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen – gäbe. Sie fordert somit, auf die Voraussetzung der Stimmen- und Kapitalmehrheit der KVG bei der Immobilien-Gesellschaft gänzlich zu verzichten. Gegen diese Ansichten in Teilen der Literatur und für die Auslegung der BaFin spricht, dass die BaFin in ihrem Entwurf rein das Gesetz anwendet, das (ausnahmsweise), ob seines Wortlauts, wenig Spielraum für weitere Interpretationen lässt.

Ihre Argumentation konsequent verfolgend, führt die BaFin weiter aus, dass sie im § 234 S. 1 Nr. 4 KAGB eine Sperrwirkung gegenüber schuldrechtlichen Verpflichtungen sehe, die die gesellschaftsrechtliche Entscheidungsmacht aushebeln.

Kritisch könnten jedoch die von der BaFin geforderten konkreten Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschäftsführer der Immobilien-Gesellschaft zu sehen sein. Die BaFin sieht in der Geschäftsführung der Immobilien-Gesellschaft „lediglich“ den verlängerten Arm der KVG. Hier könnte zu Recht der Einwand geltend gemacht werden, dass die Geschäftsführung einer Gesellschaft stets der Gesellschaft und nicht dem Gesellschafter verpflichtet ist.

Des Weiteren begrenzt die BaFin ihre Ausführungen in dem vorliegenden Entwurf leider nur auf Immobilien-Sondervermögen und Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen sowie den Investitionen in ausländische AIF und begründet dies mit einer mangelnden Erkennbarkeit eines praktischen Bedürfnisses für weitere Konstellationen. Es ist jedoch durchaus davon auszugehen, dass die angesprochene Thematik auch bei geschlossen AIF sowie bei Investments in inländische AIF relevant wird. Am Markt ist bereits zu beobachten, dass deutsche Sondervermögen auch in deutsche Investmentkommanditgesellschaften investieren möchten oder bereits investiert haben und sich bei Letzterem mit der Qualifikation als Immobilien-Gesellschaft oder als indirekte Anlage in Immobilien bedient haben.

Fazit

Die BaFin unternimmt mit dem Entwurf des Schreibens zur möglichen Qualifikation eines AIF als Immobilien-Gesellschaft den ersten großen Schritt in die richtige Richtung. Strukturelle Unsicherheiten in Beteiligungen in AIF, die als Immobilien-Gesellschaften zu qualifizieren sind, entfallen. Das erleichtert die Investition in steuereffiziente Holdingstrukturen, insbesondere im Ausland. Exemplarisch ist Italien anzuführen, wonach ein Investmentvehikel in der Rechtsnatur eines italienischen AIF im Verhältnis zu Deutschland eine vollständige Ertragssteuerbefreiung und keine Quellensteuern auf Ausschüttungen verspricht. Eine Erweiterung im Rahmen des finalen Schreibens auf inländische AIF sowie geschlossene Strukturen ist wünschenswert.

26. Oktober 2017

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Zusammengefasst
  • Am Standort Deutschland wird, bei vergleichbarer Regulation in Luxemburg, die Möglichkeit der Qualifizierung eines AIF als Immobilien-Gesellschaft problematisiert. In Luxemburg stellt sich diese Frage nicht, da vergleichbare Strukturen nach dem dafür vorgesehenen gesetzlichen Rahmen angewandt werden. Hier bedarf es keiner expliziten Definition der Immobilien-Gesellschaft.
  • Der eingeschlagene Weg der BaFin ist zu begrüßen, da er geeignet ist, strukturelle Unsicherheiten zu beseitigen.
  • Die BaFin zeigt sich bei der Qualifizierung eines AIF als Immobilien-Gesellschaft als schlichter Rechtsanwender der §§ 1 Abs. 19 Nr. 22, 234, 235 KAGB.
  • Es bleibt abzuwarten, wie der Markt auf das Kriterium der BaFin der Stimmen- und Kapitalmehrheit bei Mehrheitsbeteiligungen reagiert und ob dieses Kriterium aufgrund der Antworten der Verbände auf den Entwurf des Schreibens ggf. angepasst wird.
  • Die finale Version des Schreibens sollte nicht nur auf Immobilien-Sondervermögen und Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen sowie in Investitionen ausschließlich in ausländische AIF beschränkt werden, sondern auf die weiteren existenten Vehikel ausgedehnt werden.
Autor

Dr. Philipp Wösthoff

Dr. Philipp Wösthoff ist Syndikus bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG. Er berät die Bank in bank- und kapitalmarkt- wie auch aufsichtsrechtlichen Belangen. Zuvor war Dr. Wösthoff Leiter Real Assets Deutschland bei Hauck & Aufhäuser. Er ist Rechtsanwalt und war zuvor in dieser Funktion in Frankfurt und Bonn tätig. Zudem veröffentlicht er regelmäßig Fachbeiträge, insbesondere zu aufsichtsrechtlichen Entwicklungen.

Autor

Robert Guzialowski

Robert Guzialowski ist Leiter Real Assets Deutschland bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG. Er verantwortet neben Vertrieb und Kundenmanagement der AIF-Verwahrstelle die Begleitung der KVGen von der Aufnahme der Geschäftsbeziehung über das Onboarding bis hin zu den Fondstransaktionen. Robert Guzialowski ist Rechtsanwalt und veröffentlicht regelmäßig zu aufsichtsrechtlichen Entwicklungen.

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