Look-Through der Verwahrstelle bei Immobilien-Gesellschaften – auch wenn die Immobilien-Gesellschaft zugleich ein AIF ist?

Grundsätzlich obliegt es der Verwahrstelle von Immobilien-Sondervermögen und offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen, auch die Immobilien-Gesellschaften zu kontrollieren, in die diese investieren. Mit diesem Look-Through-Ansatz soll der Anlegerschutz auch in mehrstöckigen Strukturen sichergestellt werden. Handelt es sich bei der Immobilien-Gesellschaft indes selbst um einen Alternativen Investmentfonds (AIF), entfällt diese Durchschaupflicht. Schließlich werden Immobilien-Gesellschaften, die zugleich AIF sind, von einer eigenen Verwahrstelle kontrolliert.

Der Erwerb eines Alternativen Investmentfonds (AIF) als Immobilien-Gesellschaft ist für Immobilien-Sondervermögen nach §§231 ff KAGB und offene Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen unter einigen Voraussetzungen zulässig. Das hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in einer Auslegungsentscheidung vom April 2018 verkündet (Geschäftszeichen WA 42-QB 4100-2016/0005).

Zu den Voraussetzungen zählt, dass der AIF als Immobilien-Gesellschaft eine mit den Vorgaben des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) vereinbare Gesellschaftsform aufweist. Neben einigen weiteren Vorgaben hinsichtlich der Beteiligungsstruktur müssen naturgemäß die übrigen Erwerbbarkeitsvoraussetzungen des KAGB sowie die einschlägigen Vorschriften im Investmentbereich beachtet werden.

Diese Auslegung der BaFin ist zu begrüßen. Denn immer häufiger kommt es in der Praxis vor, dass ein Immobilien-Sondervermögen oder Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen Anteile an einer Immobilien-Gesellschaft erwerben will, die sich zugleich als AIF qualifiziert. Eine Investition in steuereffiziente Holdingstrukturen, insbesondere im Ausland wie z.B. Frankreich oder Italien, wird damit erheblich erleichtert, da strukturelle Unsicherheiten bei Beteiligungen an jenen AIFs entfallen, die als Immobilien-Gesellschaften zu qualifizieren sind.

Die Praxis zeigt jedoch, dass hier bislang andere Unsicherheiten bestehen, insbesondere hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Begleitung der Verwahrstelle. Von Bedeutung ist vor allem die Frage, ob für die Verwahrstelle aufgrund der Qualifizierung der Immobilien-Gesellschaft als AIF keine Verpflichtung zum Look-Through im Zusammenhang mit der Überprüfung der Eigentumsverhältnisse und der Aufzeichnungspflicht besteht.

 

*1Verwahr-/ Kontroll-/ Abwicklungsfunktion
Ein Look-Through seitens der Verwahrstelle muss nicht erfolgen, wenn der ausländische AIF eine andere Verwahrstelle mandatiert hat.

Um diese Frage beantworten zu können und dabei den doppelten Charakter der Immobilien-Gesellschaft als AIF zu würdigen, reicht es nicht, den deutschen Gesetzgeber heranzuziehen. Denn im einschlägigen KAGB finden sich hierzu keine Vorgaben. Einen ersten Anhaltspunkt liefert jedoch das Verwahrstellenrundschreiben der BaFin: Ihm ist zu entnehmen, dass die Verwahrstelle ihre Kontrolltätigkeit grundsätzlich auf die Ebene der Immobilien-Gesellschaften zu erstrecken hat. Andernfalls liefen die Vorgaben zum Schutz der Anlegerinteressen in mehrstöckigen Anlagestrukturen weitgehend leer und könnten sogar gezielt umgangen werden.

Für diesen Look-Through-Ansatz setzt die BaFin jedoch voraus, dass die Immobilien-Gesellschaft keine eigene Anlagestrategie verfolgt, sondern lediglich als Vehikel zur Umsetzung der Anlagestrategie der Portfolioverwaltung dient. Für die BaFin ist somit das Abgrenzungskriterium der Anlagestrategie für den Look-Through-Ansatz maßgeblich. Eine Immobilien-Gesellschaft, die zugleich AIF ist, verfolgt aufgrund ihrer Qualifizierung als Investmentvermögen stets eine Anlagestrategie, so dass ein Look-Through in dieser Konstellation nicht eingefordert wird.

„Nun könnte das Ergebnis der BaFin dazu führen, dass das eigentliche Ziel – den Schutz der Anlegerinteressen auch bei mehrstöckigen Strukturen zu gewährleisten – konterkariert wird: Was nämlich passiert, wenn durch eine doppelte Rechtsnatur der Immobilien-Gesellschaft – u.a. als AIF – Verwahrpflichten durch die Verwahrstelle nicht wahrgenommen werden?“

Für diese Konstellation hat der Europäische Gesetzgeber eine Lösung in der Level-2-Verordnung statuiert, wonach der Look-Through-Ansatz für Finanz- und Rechtsstrukturen nicht für Dachfonds oder Master-Feeder-Strukturen gilt, wenn der Zielfonds über eine Verwahrstelle verfügt, die bezüglich der Vermögenswerte dieses AIFs die Eigentumsverhältnisse überprüft und die Aufzeichnungsfunktion wahrnimmt. Durch diesen Ansatz werden die Anlegerinteressen weiterhin geschützt; es findet lediglich eine Umverteilung der Prüfung von der Verwahrstelle des Immobilien-Sondervermögens auf die Verwahrstelle der Immobilien-Gesellschaft statt.

Der im KAGB legal definierte Begriff der Immobilien-Gesellschaft ist der Luxemburger Fondsindustrie fremd, die damit einhergehenden Rechtsfragen stellen sich in Luxemburg somit nicht. In diesem Sinne gilt aufgrund der Level-2-Verordnung auch für diesen Standort, dass ein Look-Through der Verwahrstelle entfällt, wenn bei einer doppelstöckigen Struktur der Zielfonds eine andere Verwahrstelle mandatiert hat als der Dachfonds.

Fazit:

Es besteht keine Notwendigkeit zum Look-Through der Verwahrstelle eines Sondervermögens, wenn diese an einer Immobilien-Gesellschaft beteiligt ist, die zugleich ein AIF ist – vorausgesetzt, die Immobilien-Gesellschaft hat in ihrer Funktion als AIF eine weitere Verwahrstelle mandatiert, die die Eigentumsverhältnisse überprüft und die Aufzeichnungsfunktionen wahrnimmt.

 

31. Januar 2020

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Autor

Robert Guzialowski

Robert Guzialowski ist Leiter Real Assets Deutschland bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG. Er verantwortet neben Vertrieb und Kundenmanagement der AIF-Verwahrstelle die Begleitung der KVGen von der Aufnahme der Geschäftsbeziehung über das Onboarding bis hin zu den Fondstransaktionen. Robert Guzialowski ist Rechtsanwalt und veröffentlicht regelmäßig zu aufsichtsrechtlichen Entwicklungen.

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